Über die Story
Maigret hat seine komischen Momente. In diesem Roman gibt es einige denkwürdige Situationen, die den Roman nicht nur sehr spannend machen, sondern in denen Simenon auch seine komischen Talente ausspielt.
Anfangs ging es nur um gartentechnische Probleme. Der pensionierte Kommissar grollte seiner Frau, die aus Gründen der Effektivität zwischen seine Auberginen Salat gepflanzt hatte. Es wäre zu viel Platz zwischen den einzelnen Pflanzen, hatte Madame Maigret ihre Aktion begründet. Der Gartenvorstand hatte dies erst einmal hingenommen, erkannte aber nach kurzer Zeit, dass es sich bei dieser Salatinvasion um eine Plattform für Kartoffelkäfer handelte. Diese hatten sich zuerst auf den Salat gestürzt, was Maigret egal war, aber dann eines Besseren besonnen, und sich über die Blätter der Auberginen hergemacht, die offenbar nah- oder schmackhafter waren. Diese Attacke sah Maigret weniger gelassen.
Nun erhob sich Maigret aus seinem Liegestuhl und machte sich daran, Kartoffelkäfer von seinen Pflanzen abzulesen. Seine Frau beobachtete diese Aktion mit einem gewissen Schmunzeln. Hatte doch ihr Mann, in seinem Liegestuhl noch nie eine ganze Stunde zugebracht. Wider Erwarten, denn er hatte nach dem Kauf dieser Sitzgelegenheit angekündigt, dass er in diesem Stuhl denkwürdige Mittagsschläfchen halten würde.
Der Klopfer ging herrisch, und Madame Maigret macht sich daran, ihre Haare und Kleidung zu richten, aber da öffnete sich ...
... das grüne Türchen, das zur Gasse führte und durch das nur Bekannte hereinkamen. Eine alte Dame stand im Türrahmen, und zwar so steif, so streng und zugleich so drollig, dass Maigret sich noch lange an diese Erscheinung erinnern sollte.
Nur eine Sekunde verharrte sie, dann ging sie entschlossen und beschwingten Schritts, der zu ihrem hohen Alter kaum zu passen schien, direkt auf Maigret zu. »Sagen Sie, Gärtner… Sie brauchen gar nicht erst zu behaupten, dass der Herr des Hauses nicht da sei… Ich habe mich bereits erkundigt…«
Der gärtnernde Ex-Kommissar betrachtete verwundert seinen Gast und fragte, was sie denn von dem Kommissar wolle. Aber die Antwort ist recht harsch: Das würde ihn wohl nichts angehen. Die Reaktion auf die Mitteilung, dass er der ehemalige Kommissar sein, entlockt der Dame nur ein »Wenn Sie wollen.«, hindert sie jedoch nicht, sich anschließend Madame Maigret vorzunehmen. Die war, gute Hausfrau, in die Küche gestürzt und hatte dem Gast des Hauses, einen Kaffee gemacht. Die alte Dame, sie mochte über achtzig Jahre alt sein, ging immer noch von einem besseren Haushalt aus und hielt Madame Maigret für eine Hausangestellte der Maigrets, und wunderte sich laut und barsch über die Unverschämtheit, unverlangt Kaffee gebracht zu bekommen. Madame Maigret war nun auf der ganzen Linie konsterniert und beschloss, die alte Dame nicht zu mögen.
Bernadette Amorelle war zu Maigret nach Moing-sur-Loire gekommen, um ihn zu engagieren. Wie einen Privatdetektiv. Man konnte ihr nicht vorwerfen, dass sie geizig war. Sie hatte sich ihren Ermittler nur ein wenig anders vorgestellt, denn ein Privatdetektiv sollte nicht aussehen wie ein Gärtner. Ihre Vorstellungen mochten etwas schräg sein, ihr Anliegen war aber ein ernstes. Monita, ihre Enkelin, war ertrunken. Sie mochte das nicht glauben. Monita, neunzehn Jahre alt, war das, was man eine »Wasserratte« nannte und kannte von klein auf das Gewässer, in dem sie ertrank. Madame Amorelle ging von einem Verbrechen aus und hatte auch einen konkreten Verdacht: es müsse jemand aus der missgünstigen Familie gewesen sein und Maigret solle den Fall untersuchen. Normalerweise hätte ich an der Stelle das Wort bitte (also: solle den Fall bitte untersuchen eingefügt, aber Bernadette Amorelle gab nur Befehle und diese waren nicht in einem bittenden oder gar freundlichen Ton gehalten).
Maigret, freundlich wie immer, bittet seine Frau, ihm beim Kofferpacken zu helfen. Seine Frau reagierte sehr verwundert, und mochte nicht glauben, dass Maigret sich entschlossen hatte, mit der Person mitzufahren. Ihm waren schon die verschiedensten Fälle vorgelegt worden, aber bisher hatte er immer abgelegt. Er hatte die Befürchtung gehegt, dass man sich am Quai des Orfèvres über ihn lustig machen würde. Viele Ehemalige hatten irgendwann angefangen sich zu langweilen, Maigret hätte sich mit der Annahme eines solchen Falles, meist waren die potentiellen Klienten Banken und Versicherungen, in diese Reihe eingegliedert. Das hatte er bisher vermieden, aber dieser Fall klang wirklich sehr interessant. Für Maigret und seinen Koffer ging es nach Orsenne an der Seine.
Bernadette Amorelle, die davon ausging, dass man ihren Namen kennen würde, wunderte sich nicht groß, dass der ungehobelte Maigret ihn nicht kannte. Sie klärte ihn auf, dass sie die Witwe eines bedeutenden Industriellen war, der sich in der Bau- und Transportindustrie engagiert hatte und ein großes Unternehmen hinterlassen hatte.
In Orsenne mietete sich Maigret in einem kleinen Gasthof ein, der nur noch halbherzig von einer Jeanne geführt wurde. Um ein Zimmer zu bekommen, gaukelte Maigret Jeanne vor, er wäre früher schon einmal in dem Gasthof untergekommen und steige nun aus Tradition wieder hier ab. Sie glaubte ihm und gab ihm ein Zimmmer. Da kam es zu einem Zwischenfall. Ein älterer Herr sprach vor, und stellte sich dann vor Maigret. Er ruft Maigrets Vornamen Jules aus, und Maigret muss nun annehmen, dass der man ihn wohl aus früheren Tagen kennen muss. Jules ruft ihn keiner mehr, und er ist auch leicht pikiert, so von Ernest Malik genannt zu werden. Maigret erinnert sich an ihn, nachdem der Mann sich vorgestellt hat: Sie waren gemeinsam in Moulins in aufs Gymnasium gegangen. Malik war der Sohn eines Steuereinnehmers und wurde auch Steuereinnehmer gerufen. Er hatte Geld, er hatte Macht, er war wer und das alles stellte er auch zur Schau. Malik ging davon aus, dass Maigret von seiner Schwiegermutter geholt wurde und erklärt sie einfach für verrückt. Sie würde sich einbilden, jemand hätte seine Tochter umgebracht. Er lädt Maigret zu sich nach Hause ein, um zu beweisen, dass alles in bester Ordnung ist.
Ermittler brauchen Glück und solches hat Maigret. Zu Hause ist nämlich nichts in bester Ordnung. Während der Erstgeborene ganz nach seinem Vater kommt und kein Grund zur Klage bestehen mag, verhält es sich mit dem Jüngsten nicht so. Er macht in dem Haus kracht, der Vater gibt vor, aus schulischen Gründen, und es gelingt dem Filius zu flüchten, was den Vater zu einer Verfolgungsjagd veranlasst. Kein guter Einstand, den Maigret in dem Haushalt mitbekommt. Aber schon nach kurzer Zeit steht Malik wieder im Hause, sauber und nicht schwitzend. Er schien das Problem gelöst zu haben. Immer noch um gutes Wetter bemüht, lud Malik Maigret für den nächsten Tag zu einem Mittagsessen in größerer Runde ein, um den Freund seinen Geschäftspartnern und Freunden vorzustellen. (Freund ist gut, denn Maigret ist immer noch pikiert über die Duz-Attacken Maliks.)
Maigret genießt den Heimweg auf dem Pfad an der Seine zu seinem Gasthof. Der Genuss wird durch einen Schuss, der auf ihn gerichtet ist, etwas geschmälert. Dass dies ein Warnschuss ist, eine Aufforderung sich auf den Heimweg nach Meung-sur-Loire zu machen, wurde auch von Maigret so verstanden. Letztlich war es kontraproduktiv: Es bestärkte Maigret in seiner Ansicht, dass etwas faul in dieser Familie war. Er blieb und fing an, den Maliks das Leben schwer zu machen.
Der Titel der Erzählung verspricht irgendwie Ärger und Verärgerung des ehemaligen Kommissars, aber eigentlich ist weit und breit keine Spur davon zu finden. Es gibt wenige Erzählungen, die witziger und unterhaltsamer geschrieben sind (zu denen zähle ich »Maigrets Memoiren« und »Maigret amüsiert sich«). Um die im amüsante Geschichte noch abzurunden, lässt Simenon Maigret mal wieder an der Place des Vosges wohnen – womit wir wieder einmal bei der Wohnortfrage sind.