Pietr-Symbolbild

Deutschsprachige Ausgaben


Die ersten Ausgaben von Simenon erschienen 1935 in Deutschland. Damals noch unter dem Namen Georg Simenon. In den vergangenen neunzig Jahren sind eine Vielzahl von Ausgaben erschienen.

Aus dem umfangreichen Frühwerk Simenons, welches die unter Pseudonym erschienenen Groschenromane umfasst – worunter sowohl Liebes-, Abenteuer- und Kriminal-Geschichten zählen –, ist lange Zeit nichts in Deutschland erschienen. Spuren finden sich in den Veröffentlichungen von Kiepenheuer & Witsch, die mit »Man lernt nie aus« ein Werk herausbrachten, welches ursprünglich unter einem Pseudonym veröffentlicht worden ist. Erst der Kampa-Verlag fing 2018 an, auch Teile der Vor-Simenon-Ära zu veröffentlichen, wie beispielsweise »G7« und einen Pre-Maigret, der als der nullte Fall bezeichnet wird. Der unter Pseudonym erschienene Teil des Werkes bleibt in deutscher Sprache trotzdem weiterhin größtenteils unentdecktes Land.

Für damalige Verhältnisse erfolgte die Übertragung der Maigret-Erstlinge in das Deutsche schnell. Der erste Simenon-Band erschien 1935 in der Schlesischen Verlagsanstalt, die in Berlin ihren Sitz hatte. Die Werke wurden von Harold Effberg übersetzt. Nach bisherigem Stand erschienen elf Bände in Deutschland. (Der Übersetzer arbeitete unter Pseudonym: Eigentlich hieß er Harold Friedeberg und war Staatsanwalt. Es ist schwer zu sagen, ob der Harold Friedeberg zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Übersetzungen noch im Amt war. Er wurde 1877 geboren und könnte durchaus schon pensioniert gewesen sein. Allerdings gab es zur damaligen Zeit auch andere Gründe, die einen das Amt kosten konnten. Friedeberg alias Effberg betätigte sich selbst als Autor: So stammt aus seiner Feder der Roman »Staatanwaltschaftsrat Eggebrecht«.)

Der Erfolg Simenons beruhte auf den Maigrets, erstaunlicherweise gab die Schlesische Verlagsanstalt auch Non-Maigrets heraus, wie zum Beispiel »Die Hexe«, eine Übersetzung von »La maison du canal« (dt. »Das Haus am Kanal«). Dies ist um so überraschender, als Simenons französischer Verleger dem Ansinnen Simenons, auch ernstzunehmende Literatur zu schreiben, sehr skeptisch gegenüber stand.

Nach den elf Titeln war Schluss. Das lag vermutlich nicht daran, dass die Nationalsozialisten ein gespanntes Verhältnis zu dem Schriftsteller gehabt haben, denn die Verfilmungen seiner Filme, die unter deutscher Kuratel in den 1940er-Jahren entstanden, stellten kein Problem dar.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Die ersten deutschsprachigen Bücher nach dem Krieg erschienen im Wiener Hammer-Verlag. Drei an der Zahl wurden dort veröffentlicht: »Ein Fremder stirbt«, »Der Schifffuhrsmann« und »Um den Kopf eines Mannes«. Während die ersten Ausgaben aus den 1930er-Jahren als Hardcover erschienen, waren die Ausgaben aus dem Hammer-Verlag Taschenbuchausgaben. Über damalige Übersetzer war M. Konrad. Der Verlag hat sich in Wohlgefallen aufgelöst und auch über den Übersetzer ließ sich bisher nichts herausfinden.

Zwei Maigrets – »Nebel über dem Hafen« und »Liberty Bar« erschienen im Detektiv-Club. Die beiden Titel erschienen 1951 und 1952 in Übersetzungen von Hans Fraenkel für ersteren Titel und Leo Usher für den zweiten. Beide Titel waren Taschenbuchausgaben.

1953 brachte die Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart vier Non-Maigrets heraus. Die Bücher wurden unter anderem von Willi August Koch übersetzt. Dessen Übertragung von »Der Schnee war schmutzig« wurde bis zuletzt vom Diogenes-Verlag verwendet.

Die Kiepenheuer-Zeit

Mitte der 1950er-Jahre gingen die Rechte am Werk Simenons an Kiepenheuer & Witsch nach Köln. Das war der Zeitpunkt, an dem sich den Deutschen die Welt Simenons endlich in größerem Umfang öffnete. Simenon wurde zuerst in der Allgemeinen Reihe des Verlages »untergebracht«, bevor sich der Verlag, wohl erschlagen von dem riesigen Werk, auf die Idee kam, Simenon eine eigene Reihe zu widmen – die K-Reihe. In der ersten Reihe, die vom Format etwas größer war, sind sechs Titel erschienen. Diese hatten auch durchweg eine andere Gestaltung als die später folgende K-Reihe.

Zusätzlich brachte Kiepenheuer & Witsch in den 1950er Jahren einige Titel, zum Beispiel »Das Begräbnis des Monsieur Bouvet« als kleinen Hardcover-Band heraus. Die K-Reihe, die durch die Umschlaggestaltung von Werner Labbé auch heute noch sehr beliebt ist, ist die erste umfassende Ausgabe des Werks von Georges Simenon. 

Die Reihe ist durchsetzt von einigen anderen Autoren, ebenfalls alles Werke der Kriminalliteratur. 

Die meisten Titel der Reihe wurden von Hansjürgen Wille und Barbara Klau übersetzt; bekanntester, oder besser gesagt, prominentester Übersetzer innerhalb dieser Reihe war Paul Celan. Von diesem wird berichtet, dass er mit den Vorlagen nicht zufrieden war und deshalb Änderungen vorgenommen hatten, die die Qualität des Werkes heben sollten. Damit war der Verlag nicht glücklich, so blieb es bei zwei Übersetzungen: »Hier irrt Maigret« und »Maigret und die schrecklichen Kinder« – Erstausgaben dieser Titel werden heute schon zu höheren Preisen gehandelt, als die übrigen Titel der Reihe.

Mitte der sechziger Jahre gab es eine gravierende Änderung: Kiepenheuer & Witsch brachte Simenon-Titel in Dreier-Bänden als Hardcover heraus, die Taschenbuchausgabe erfolgte beim Heyne-Verlag, der dieses Erbe wohl vergessen hat, denn auf Nachfrage konnte sich keiner an die Heyne-Ausgaben erinnern. Umso besser können sich die Maigret-Fans an diese Serie erinnern. Mitte der sechziger Jahre strahlte das ZDF die BBC-Folgen mit Rupert Davies aus. Die Cover der Maigret-Ausgaben des Heyne-Verlages zierten Szenen der Fernsehserie, die Non-Maigrets wurden mit Collagen gestaltet.

Die Diogenes-Ära

Der erste Simenon aus dem Diogenes-Verlag erschien 1974. Ab 1977 erfolgte die Ausgabe des Gesamtwerkes im Zürcher Verlag. Die Gestaltung der Umschläge erfolgte mit Abbildungen von Picasso-Bildern – eine Gestaltung, die beim Publikum nicht gut ankam.

So schwenkte man schon Anfang der 80er Jahre um und versah die Bücher mit Landschaftsaufnahmen, die auch heute noch das Bild der Non-Maigret-Titel prägen. Die Maigret-Titel kamen von Anfang an mit einem gelb-schwarzen Outfit daher, den der Kopf des Kommissars prägte. Der Kopf blieb, aber die Farbe änderte sich in der Zeit: Das Gelb verschwand, ein weißer Hintergrund wurde eingeführt. Änderungen im Erscheinungsbild wurden behutsam durchgeführt. Erst wurden die Bilder, die sich über den Buchdeckel  erstreckten, von den Non-Maigret-Titel genommen und der weiße Ton, der die detebe-Reihe prägte, griff auch auf die Simenon-Reihe über. 2003 verschwand auch der Kopf des Kommissars aus der Maigret-Reihe und wurde ersetzt von klassischen schwarz-weiß Abbildungen.

Nun macht eine Gesamtausgabe nicht nur die Gestaltung aus: Die große verlegerische Aufgabe bestand darin, dass Diogenes noch nicht veröffentlichte Bücher herausgab und das bestehende Werk entweder neu übersetzen ließ oder behutsam überarbeitete. 1996 erklärte der Verlag die Arbeit für beendet. Die Simenon-Titel kamen in neuen Aufmachungen, eine Maigret-Gesamtausgabe wurde innerhalb kurzer Zeit herausgebracht und mit den Romans durs wurde das auch probiert, aber von vornherein auf fünfzig Geschichten beschränkt.

Die Neuzeit

Nach vierzig Jahren Zusammenarbeit mit dem Diogenes-Verlag kam es 2016 zu einem Bruch. Diogenes verlor die Rechte, die John Simenon als Nachlassverwalter an Daniel Kampa gab. 

Fortan erschienen die Maigret-Romane als Hardcover beim Kampa-Verlag. Die Romans durs sollten sich aufgeteilt werden zwischen Kampa und den zwischzeitlich als Partner gewonnenen Verlag Hoffmann und Campe gewinnen. Das HoCa-Imprint Atlantik brachte im Anschluss die Taschenbuch-Ausgaben heraus. 

Im Mai 2020 wurden die Hardcover-Ausgaben vom Hamburger Verlag gecancelt: Der Verlag entschied, dass er nur noch Taschenbuch-Ausgaben produzieren wird. Der Kampa-Verlag beendete  im Mai 2024 die Maigret-Roman-Edition und veröffentlicht nach wie vor Hardcover-Ausgaben von Roman durs.

Nach der Einstellung der Hardcover-Edition durch HoCa erschien manche Neuübersetzung direkt als Taschenbuch heraus. Im Sommer 2024 wurde bekannt, dass die Taschenbuch-Ausgaben von Atlantik vorerst gestoppt werden – das betrifft sowohl die Roman durs wie die Maigrets.

Nebenbei

Mitte der fünfziger Jahre entdeckten die Buchgemeinschaften Simenon für sich. In den verschiedensten Gemeinschaften kamen Ausgaben heraus, die in unterschiedlichster Ausstattung erschienen. So zum Beispiel beim Bertelsmann-Club und Büchergilde Gutenberg. Spezielle Ausgaben sind in den 80er Jahren beim Edito-Service in Genf erschienen und sowie 2003 beispielsweise im Weltbild-Verlag.

Immer wieder sind Simenon-Erzählungen in Sammelbänden erschienen. Während sich das Buchclub-Geschäft bezüglich von Romanen etwas gelegt hat, werden Erzählungen auch heute noch gern in Anthologien verwendet. Immer wieder findet man in Büchern zum Beispiel des Scherz-Verlages (Ferien-Krimis) Erzählungen von Simenon.