Der Neuanfang
Kommissar Lucas hatte noch gar nicht gehört, dass G7 bei der Pariser Polizei gekündigt hatte und nun als Privatdetektiv arbeitete. Interessanterweise nahm er noch nicht einmal an, dass eine Frau hinter der Angelegenheit stecken könnte. Vielmehr ging er davon aus, dass der junge Mann der Meinung sei, dass sich auf dem privaten Sektor viel mehr verdienen lassen würde.
Aber G7 hatte sich von der Polizei gelöst, da er sich heftig in Sonja Morozow verliebt hatte und plante, sie im nächsten Monat zu heiraten.
Nun hatte er seinen ersten Fall an Land gezogen, im wahrsten Sinne des Wortes, und war ein wenig aufgeregt: Schließlich hatte er nun keinen offiziellen Auftrag mehr, was manche Sachen verkomplizieren würde, und zum anderen fragte er sich, wie seine ehemaligen Kollegen darauf reagieren würden. Das Verhalten von Kommissar Lucas nahm ihm da sicher so manche Befürchtung, die er gehabt hatte.
Was für eine komische Sache...
Der Reeder Morineau hatte vor Kurzem einen Verlust zu beklagen: Ein Schiff seiner Flotte, dass er stillgelegt hatte, war aus dem Hafen gestohlen worden. Man fand es kurze Zeit später wieder auf dem Kanal treibend. Von der Besatzung war keine Spur zu finden. Als der Techniker der Reederei das Schiff überprüfte, fielen ihm zwei Sachen auf: Der Motor war überholt worden und das hatte jemand gemacht, der sich wirklich damit auskannte. Fast könnte man sagen, dass er überaus begeistert war, was diese Motor-Überholung anging. Der zweite Aspekt war allerdings richtig merkwürdig. Beim Abklopfen des Wassertanks, der übrigens nicht aufgefüllt worden war, erkannte er am Klang, dass mit dem Inhalt des Wassertanks etwas nicht stimmte.
So wurde der Tank ausgebaut und geöffnet. Der Tank beinhaltete das erwartete Wasser und – das kam weniger erwartet – eine Frauenleiche.
Für Morineau war die Sache natürlich unangenehm. Seine Aufgabe für G7 war, dass er herausfand, wer das Schiff entwendet hat. Dieses hatte er bergen lassen müssen und das hatte ihn eine Stange Geld gekostet, die er sich von den Dieben wiederholen wollte. Wenn dabei herausgefunden wird, wer der Mörder ist, dann war es dem Reeder recht. Aber ihm war viel wichtiger zu erfahren, wenn er in Regress nehmen könnte.
Damit waren die Prioritäten des Reeders schon einmal klar.
Strammer Wind
Die Bezahlung sollte erfolgsabgängig erfolgen: Der Reeder versprach, 25.000 Francs zu bezahlen, wenn das Rätsel gelöst werden würde. Im Falle eines Nichterfolgs würde er zumindest die Spesen übernehmen.
Es sah aber nicht so aus, als würde G7 das ausnutzen wollen. Er ließ sich am Hotel am Bahnhof unterbringen und unterhielt sich mit ein paar Leuten, um sich ein Bild von den örtlichen Gegebenheiten, den Leuten und auch von dem Schiff »Maria Galanda« zu machen. Dann zog er sich in sein Zimmer zurück und verließ dieses dann für ein paar Tage nicht mehr. Das hört sich ein wenig exzentrisch an, war es aber nicht. Eine böse Erkältung, so gab er zu verstehen, hätte ihn erwischt.
Nun war es an seinem Freund, die Ermittlungen durchzuführen – nach Vorgaben und Anleitung seines kranken Freundes. Er hatte Fachleute in das Hotel-/Krankenzimmer zu lotsen, Zeugen zu befragen und stellte schnell fest, dass man sich dabei gehörig in die Nesseln setzen kann. Zum Beispiel, wenn man der Meinung ist, dass man eine Hausangestellte des Reeders befragt, und diese sich als Tochter herausstellt.
Ein Fazit
Von den vier G7-Geschichten ist mir dies die Liebste. Nun habe ich durchaus ein Faible für die Normandie. Aber es ist nicht nur das: Obwohl es einen Bruch gegeben hat, denn G7 ist kein Beamter mehr, der sich eines Staatsapparates bedienen könnte, wenn er denn wollte (hat er in den vergangenen Fällen ja nie), und er seinen Lebensunterhalt verdienen muss, in dem er seine Auftraggeber zufriedenstellt, gibt es keine Stellen, an denen ich mir dachte, das hat doch nicht hin, das ist noch nicht rund. Stimmig wäre wohl der richtige Begriff dafür. Mir scheint so, als hätte Simenon in der Geschichte einen G7 erfunden, der funktioniert hätte.
Die Story war originell, es gab ein paar komische Momente und der Spannungsmoment kam auch nicht zu kurz.