Über die Story
Es ist schon gemein vom Buchrückentextschreiber, dass er einen so böswillig in die Irre führt. Denn da heißt es, »und doch gibt es die Leiche der Marie Baron, einer jungen Pariserin, die durch eine Überdosis Morphium getötet wurde.«. Nicht ganz falsch, aber auch nicht richtig.
Kapitän Petersen hat schon etwas im Gefühl, etwas, was der »Böse Blick« genannt wird. Das Gefühl wird durch tausend Kleinigkeiten immer stärker, dass er gar nicht anders kann, als an ein Unglück zu glauben. Seeleute sind abergläubisch, wird man sich jetzt sagen, alles Quatsch, was der gute Mann sich so denkt.
Petersen ist Kapitän auf der »Polarys«, einem Dampfschiff, nicht sonderlich groß, welches zwischen Hamburg und Kirkenes pendelte und auf diesem Weg sowohl Fracht, wie Post und Kabeljau, wie auch Passagiere transportierte. Keine aufregenden Touren, vieles war für Petersen und seine Besatzung Routine.
Wann wurde das Gefühl stärker? Als der dritte Passagier eintraf, ein Neuling von der Marineschule in Delfzijl? (Einen kleine Abstecher kann ich mir nicht ersparen. Die Marineschule von Delfzijl wird immer wieder erwähnt, eine große Rolle spielt sie in »Maigret und das Verbrechen in Holland«, an der ein Lehrer unterrichtet, der den Namen Popinga trug, just den gleichen Namen, die der bewusste Popinga in »Der Mann, der den Zügen nachsah« trug, der auch ein Patent hatte, aber aus seinem Leben was ganz anderes machte.) Dieser Jüngling, um wieder zum Thema zurückzukommen, wirkte so frisch ... Petersen machte ihn zum Verantwortlichen für die Passagiere, er hatte sich um das Einschiffen der Passagiere zu kümmern. Vielleicht fing ja damit der Ärger an?
Noch auf der Elbe legt ein Schiff seitwärts an und ein Mann, der vom Petersen verlangt, ihn als Pelzhändler auszugeben, steigt zu. Er habe das Schiff nicht mehr erreichen können, und sowohl Petersen wie auch der Leser fragt sich, was wohl die Motivation für diesen Besuch sein könnte. Der gute Mann ist natürlich kein Pelzhändler, sondern Polizeirat von Sternberg. Was noch verwunderlicher ist, denn als solcher ist er nicht bei der Kriminalpolizei beschäftigt, also mitnichten auf der Jagd nach einem Verbrecher auf dem Schiff.
Steinberg setzt sich aber sofort unvergesslich für alle in Szene, in dem er sich ermorden lässt. Wenn der Kapitän bisher einen Zweifel gehabt haben sollte, dass die Reise unter keinem guten Stern stand, so waren diese ausgeräumt. Denn was gibt es Aufregenderes als einen Mord an Bord.
Den Einzigen, den der Kapitän als Verdächtigen ausschließen möchte, ist der Bergwerksdirektor, der seit Jahren mit der »Polarlys« fährt und den Petersen aus der Westentasche kennt (als gehörte er mit zur Besatzung). Dagegen gibt es doch ein paar Kandidaten, die eine nährere Überprüfung wert waren. Zum Beispiel dieser Jungspund von Drittem Offizier, der sich nicht nur in allen Belangen sehr ungünstig präsentierte, sondern auch der einzigen Passagierin an Bord sehr zugetan war und ständig um sie war (so was negativ auszulegen, fällt dem Kapitän später ein, wäre ungerecht, denn jedes Besatzungsmitglied würde das tun, wenn es könnte – aber sei’s drum). Oder der neue Heizer, der sich ungeniert an Deck zeigt und keinerlei Respekt gegenüber dem Kapitän zeigt. Der sagt was er denkt, sowas macht verdächtig. Zumal der gute Mann, aus Mannheim stammend, keinerlei Hehl daraus macht, gerade aus dem Gefängnis entlassen worden zu sein. Man möge kurz nachdenken! Das ist auf alle Fälle ein Kandidat. Vielleicht, dass muss auch Petersen einsehen, zu naheliegend, aber auch das Naheliegende darf man nicht ausschließen. Dann wäre da noch dieser komische Passagier, den er nur kurz beim Einschiffen in Hamburg gesehen hat, und danach nie wieder. Auch dieser kann der Täter gewesen sein.
Eines weiß der Kapitän der »Polarlys« – die Polizei im nächsten Hafen würde viel zu tun haben und die Postsäcke würden in den kleinen norwegischen Häfen diesmal nicht pünktlich ankommen.