Über die Story
Eigentlich hätte sich Curly Jones, an dem was passierte, erfreuen können. Aber just in dem Moment, wo er den Abstieg seines alten Intimfeindes beobachtet, hat er auch in den Apfel der Erkenntnis gebissen – um es bildlich auszudrücken. Mit dem Abstieg des einen verschwindet auch ein Fixpunkt im Leben von Curly: Andy Spencer, der eine, hat ihn verraten und ihn vor langen Jahren versucht, ihn ermorden zu lassen. Der Mann, der sein Freund gewesen war, konnte nicht aus dem Gedächtnis von Curly gestrichen werden, aber der Name kam ihm nicht mehr über die Lippen.
Dieser geschilderte Moment steht nicht am Anfang des Buches. Curly Jones, in den Sechzigern, beginnt sein Tagwerk wie immer. Als kleine Ausnahme hat er sich auf den Plan geschrieben, eine alte Freundin zu besuchen. Die gute Dame steht im gesellschaftlichen Mittelpunkt von Tucson, und ist die Schwägerin von Andy Spencer. Peggy Clum kann ihren Schwager nicht leiden und vielleicht ist es auch die gemeinsame Antipathie gegen den »Anderen«, welche die beiden zusammenschweißt.
Peggy überredete Curly mit auf eine Auktion zu kommen. Sie liebte diese Form von Handel, bei der man jede Menge Trödel aufkaufen konnte. Es stand der Nachlass eines Mannes zur Versteigerung an, der vor einiger Zeit die Stadt plötzlich verlassen hatte. Peggy hatte irgendwann mal einen guten Fang gemacht, nun wartete sie darauf, dass sich dieses Ereignis wiederholt. Die Frau hielt Curly an, auf einen Koffer mitzubieten. Sie hätte schon etwas ersteigert, meint sie, nun wäre er dran. Wiederwillig bietet er mit. Der Koffer gehört bald darauf ihn.
Während sich in dem »Schatz« seiner Freundin nur alte Nägel befinden – nicht das versteckte Besteck eines reichen Einsiedlers, wie sich Peggy wohl erhofft hatte – machte Curly sein ganz eigene, auf andere Art und Weise gewichtige Entdeckung. Er fand einen Brief in dem Koffer, in dem von ihm die Rede war. Der Brief weist ein Datum auf, welches ein paar Tage vor dem Mordanschlag auf ihn liegt. Zwei Tage später lauerte ihm Romero in einem Hinterhalt auf und versuchte ihn umzubringen. Curly hatte Glück: nicht er lag unter der Erde, sondern der Meuchelmörder Romero. Schnell hatte sich in seinem Gedächtnis zementiert, dass es nur einen geben konnte, der ein Interesse an seinem Tod haben könnte: Andy Spencer, sein alter Freund.
Dieser heiratete von einem Tag auf den anderen eine reiche (und wohl auch schöne) Frau, löste in dem Zusammenhang den Vertrag mit Curly, in dem sich beide verpflichtet hatten, die Farm zusammen zu betreiben. Noch mysteriöser waren für Curly die Aktivitäten, die ein paar Wochen darauf stattfanden: es fanden sich Leute, die auf dem nun geteilten Gut, auf der Hälfte von Spencer, anfingen nach Bodenschätzen zu schürfen und fündig wurden. Curly zählte eins und eins zusammen: sein Urteil stand fest. Spencer hatte versucht ihn umzubringen, um den Kuchen möglichst ganz an sich zu bringen, da man ja nie ahnen konnte, ob sich auch auf dem Rest des Grundstückes noch Schätze befanden.
Dieser Brief warf ein anderes Licht auf die Angelegenheit und Curly beschließt, dieser Geschichte, die seine eigene war, nachzugehen. Andy Spencer stand nicht mehr im Mittelpunkt seiner Verdächtigungen. Das es kein schönes Gefühl ist, zu merken, dass man über Jahre den falschen Mann, schlimmer noch, den besten Freund und Partner eines Verbrechens und des Verrates beschuldigt zu haben, kann man sich leicht vorstellen. Curly lässt das auch nicht so stehen: er besorgt sich ein Auto und einen dazu passenden Fahrer, fährt durch das Land und interviewt die Leute, die damals damit zu tun hatten, die zum Beispiel auf seiner Farm arbeiteten und plötzlich verschwunden waren. Der Alltag war für Curly Jones erst einmal passé, er will den Fall aufklären.
Es dürfte einer der ersten Romane von Simenon sein, der Western-Elemente aufweist. Man hat den Eindruck, dass er mit diesem Element absichtlich spielt. Daneben haben wir auch eine klassische Ermittlungsgeschichte (die Suche Curlys nach dem Auftraggeber des Mörders) und die Geschichte einer Freundschaft. Lang war Simenon noch nicht in Amerika gewesen, trotzdem kommt das Flair, welches man mit so einer Geschichte verbindet, exakt herüber. Nichts wirkt gekünstelt. Es ist, als hätte Simenon Amerika aufgesogen und mit diesem Buch wieder freigelassen. Vielleicht denkt man, das Buch spielt 1947, da war Amerika in einem aufgeklärten Stadium, die Western-Spielchen waren vorbei – aber das Buch thematisiert auf seine Art auch den Übergang von einer Epoche zu nächsten: Für Curly war es durchaus normal, dass Leute erschossen werden.
Genau, wie man mit Pferdedieben kurzen Prozess machte (eine interessante Geschichte, die Simenon nebenbei in dem Buch erzählt: Man henkte auch sympathische Pferdediebe).