Das Muttersöhnchen

»Bohnenstange« war es vor Jahren gelungen, Maigret bis auf die Knochen zu blamieren. Nun sitzt sie im Wartezimmer am Quai des Orfèvres und bitte um »Audienz« bei dem Kommissar. Ihr Mann/Freund/Geliebter ist über alle Berge, als er bei einem Einbruch eine Leiche entdeckte. Maigret – nicht nachtragend – macht sich auf die Suche nach dem Tatort, der Leiche und dem Täter.

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Der Rest des Tages verlief folgendermaßen: Zunächst trank Maigret zwei Halbe mit dem Taxifahrer, der sich mit einem einzigen Weißwein mit Vichy begnügte. Es war die Stunde, wo es kühl zu werden begann, und als er gerade wieder in den Wagen steigen wollte, kam ihm der Gedanke, sich zu der Pension fahren zu lassen, in der Maria van Aerts ein Jahr lang gewohnt hatte.

Die Ermittlungen in diesem Fall verliefen ziemlich ungeordnet, Maigrets Stimmungen schwankten: mal lud er den Taxifahrer frohen Mutes in ein Bistro ein, dann wieder war er von Zweifeln gefangen, ob das, was er tat, auch wirklich das Richtige war.

Angefangen hatte es so: Maigret wurde von Ernestine Jussiaume am Quai des Orfèvres besucht. Ernestine – genannt die Bohnenstange – hatte vor Jahren den Kommissar ziemlich in Verlegenheit gebracht. Sie wurde von Maigret des Beischlafdiebstahls (ja, Delikte gibt es…) verdächtigt und aufgefordert, mit ihm zu kommen. Sie dachte gar nicht daran, und statt sich anzukleiden – wie Maigret es erwartete –, zog sie sich aus. Nun stelle man sich einen jungen Polizisten vor, der sich genötigt sieht, eine Prostituierte nackt abzuführen. Aber sie war nicht gekommen, um Maigret daran zu erinnern. Nein, sie war mittlerweile verheiratet und ihr Mann, der traurige Alfred, war ein geschickte Mechaniker, der sich gut mit Tresoren auskannte. Früher hatte er sie gebaut, jetzt leerte er sie. Nur Glück hatte er keins.

Diesmal rief er seine Frau mitten in der Nacht an und berichtete, dass er bei seinem nächtlichen Besuch eines Hauses, nicht nur den Tresor gefunden hätte, sondern auch eine Frauenleiche daneben gesichtet hätte. Er würde erst einmal verschwinden. Gesagt, getan…

Der traurige Alfred hatte Ernestine aber weder gesagt, wo er eingebrochen war, geschweige denn bei wem. Die einzigen Anhaltspunkte, die Maigret bekommen hatte, waren, dass der Einbruch in Neuilly stattgefunden hatte und das das Haus ein Gatter zur Straßenfront hatte. Maigret tut sich mit einem Inspektor des Raub-Dezernats zusammen, der auf das handwerkliche Können Alfreds große Stücke hält und – das ist Pech für Alfred – eine Liste von Eigentümern der Lieblings-Tresore Alfreds besaß. Anhand der Liste und den Informationen von Ernestine war es möglich, die Häuser einzugrenzen, die Alfred heimgesucht haben könnte.

Das Haus gehört einem Zahnarzt, der Maigret und seinen Kollegen äußerst ungnädig empfängt. Man kann sogar sagen, er versucht sie herauszuschmeißen, woran ihn seine Mutter – die etwa achtzig Jahre alt ist – aber hindert. Nein, in dem Haus gäbe es keine Leiche. Die Scheibe, die neu in dem Fenster ist, wurde durch ein Gewitter beschädigt, dass in der Woche vorher war. Ja, ihr Sohn sei verheiratet. Nein, die Frau ist nicht im Haus, denn sie ist gestern abgereist. Nach Holland. Die Trennung war unvermeidlich, aber friedlich. Der Sohn schweigt verbissen, während seine Mutter sich redselig gibt.

Maigret mag nicht glauben, was ihm da aufgetischt wird.

Eine Szene ist noch erwähnenswert. Maigret nimmt seine Frau mit zum Quai:

»Ich bitte dich nur um eines: Fang nicht wieder damit an, mir die Ohren vollzureden, dass alles staubig ist und dass die Büros dringend ein Großreinemachen nötig haben!«