Eine junge Frau
Was wir von Nouchi nicht wissen, ist ihr Familienname. Das Äußere wird von Simenon ausführlich geschildert und hört sich sensationell an. Aus ihrem Gehabe, das vielleicht nicht typisch für Neunzehnjährige sein dürfte, war zu entnehmen, dass sie über ein ordentliches Selbstbewusstsein verfügte.
Die verdiente ganz gut, allerdings nur in den Monaten, wo sie beschäftigt war. Da sie sich als Zeichnerin von Modekollektionen verdingte, handelte es sich um bestimmte Zeiten. Bei einer dieser Veranstaltungen lernte sie die reiche Amerikanerin Mrs. Crosby kennen und sie freundeten sich an. Mit der großen Freundschaft schien es vorbei zu sein, hatte doch die Dame aus Übersee Nouchi angezeigt. Das Mädchen passte ganz gut in das Klischee einer Diebin: Ausländerin, jung, vorlaut, unsichere Einkommenssituation.
Die vornehme Dame hatte jeden Grund, enttäuscht zu sein. Sie drängelte die Ermittler – und damit den Untersuchungsrichter Froget – genauso, wie die Versicherungsgesellschaft, die den Fall schnell abwickeln wollte. Schließlich ging es nicht um irgendwelchen Tinnef …
Nun war es nicht nur Nouchi, die offenbar nicht bereit war, sich dem Druck zu beugen. Auch der Richter hatte überhaupt keine Eile. Er ging die Angelegenheit in aller Ruhe an und ließ sich weder von den Dränglern noch von Nouchi aus dem Konzept bringen. Diese versuchte die verschiedensten Taktiken bis hin zur Verfügung. Erfolg hatte sie nicht.
Wie konnte die junge Frau ihre Tat nur derart vehement leugnen, wo man doch ihre Fingerabdrücke prominent am Tatort gefunden hat? Das war wie ein Elfmeter für die Ermittler. Und trotzdem kam Froget anscheinend nicht weiter und verhörte sie immer und immer wieder.
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Eine wahrhaft hübsche Geschichte, amüsant und unterhaltsam – ganz ohne Mord und Totschlag übrigens. Bei der Auflösung der Geschichte enttäuscht Simenon die Leser:innen nicht, allein eine Frage mag hier das erste Mal aufkommen: Haut das noch mit dem Buchtitel hin? Wie zählte der Autor seine Schuldigen?