Vielleicht Fayence ...

Das Schild


Im Herzen der Provence, wo der Duft von Lavendel in der Luft liegt und das Licht der untergehenden Sonne die Landschaft in goldenes Licht taucht, erblickt man sie: Kunstvolle Fayence-Schilder, die die Straßen schmücken und Wegweisern eine ganz neue Bedeutung verleihen. Doch bevor wir in die Welt dieser Keramik-Meisterwerke eintauchen, begeben wir uns auf eine Zeitreise zu ihren Ursprüngen.

Die Geschichte der Fayence begann im mittelalterlichen Italien, genauer gesagt in der Stadt Faenza. Inmitten der blühenden italienischen Renaissance entwickelte sich der Ort, in der Region Ravenna liegend, zu einem Zentrum herausragender Töpferkunst. Die Handwerker dort perfektionierten die Technik der Zinnglasur, die es ermöglichte, keramische Stücke mit einer glänzenden, undurchsichtigen Oberfläche zu versehen. Diese Glasur, kombiniert mit lebhaften Farben und detaillierten Mustern, machte die Produkte aus Faenza – die später als »Fayence« bekannt werden sollten – zu begehrten Exportgütern.

Doch womit haben wir es eigentlich zu tun? Es handelt sich um keramisches Material, bei dem ein poröser Tonkörper mit einer weißen undurchsichtigen Glasur überzogen wird. Diese ermöglicht detailreiche Bemalungen und verleiht dem fertigen Produkt einen charakteristischen Glanz. Günstiger als Porzellan ist es allemal, aber es erfreut die Betrachter auch durch sein faszinierendes Spiel und es gibt zahllose Möglichkeiten, mit Farben und Motiven Schönes zu gestalten.

Die Kunstfertigkeit, die in den Werkstätten Italiens entwickelt wurde, fand bald ihren Weg über die Alpen nach Frankreich. In der Provence und darüber hinaus, wurden eigene Interpretation dieser keramischen Tradition entwickelt. Die Fayence-Schilder, die heute in den Straßen zahlreicher französischer Orte zu finden sind, stellen das Ergebnis der Verbindung zwischen italienischem Handwerk und französischem Flair dar.

Man muss erst einmal auf die Idee kommen, diese Schilder wahrzunehmen und sie zu betrachten. Und wie man sich leicht denken kann, tat ich das bisher nie. Ich kam zu dem Thema, wie ein Maigret-Leser gewöhnlich dazu kommt. Durch die eine von Simenon »hingeworfene« Bemerkung:

Auf einem Fayenceschild stand: Au Roi de Sicile.

Fragezeichen standen mir ins Gesicht geschrieben und ich dachte: »Was passiert, wenn jetzt einer um die Ecke kommt und dich fragt, was ist denn ein Fayenceschild?« Mit den Schultern hätte ich zucken können. Und rumstottern: »Ist halt ein Schild, so aus Fayence …« Na, wer will das denn? 

Und gut, dass ich mich jetzt gekümmert habe, denn ein kurzes Nachschlagen verrät, dass Simenon in seinen Maigrets noch bis 1953 eine Vorliebe für diese Technik gehabt hat. Dann hatte sich die Liebe offenbar abgenutzt.

Im Gegensatz zu den schlichten, funktionalen Schildern, LED-Bannern und Bildschirmen, die wir heute gewohnt sind, sind die Fayence-Schilder Kunstwerke. Sie zeigen oft florale Muster, Szenen aus dem Alltagsleben oder lokale Wappen – und jede einzelne Kachel erzählt eine Geschichte.

Die Einleitung zielt auf die Provence ab. Das liegt daran, dass es dort nicht nur – vermutlich rein zufällig – einen Ort mit dem Namen gibt, sondern auch heute noch eine Reihe von Manufakturen, die sich auf die Produktion solcher Kunststücke spezialisiert haben. Als Zentrum gilt Moustiers-Sainte-Marie, ein Bergdorf im Arrondissement Digne-les-Bains. Dort gibt es nicht nur ein Museum, in dem dieses Handwerk im Mittelpunkt steht, sondern allein in Moustiers soll es noch sieben Ateliers existieren, die sich Fayence verschrieben haben.

Wir wissen also, worauf wir bei dem nächsten Besuch der Region zu suchen haben.

Ach ja: Die lustigen Mosaike, die man in Paris über den Straßenschildern hin und wieder findet, haben mit dieser Technik gar nichts zu tun. Wer sich dafür interessiert, der sollte mal nach dem Stichwort »Invader« suchen …