Der Posthalter

Der Posthalter


Wieder einmal ein Wort, über das ich nicht hinweg kam. Da radelte ein Mann, den Simenon »Posthalter« nannte, durch die Gegend und beim Hören übersetzte ich das für mich als »Briefträger«. Beim Lesen der Geschichte dachte ich mir jedoch: Warum schrieb Simenon nicht Briefträger, wenn er Briefträger meint. Das wäre doch untypisch und spätestens der Übersetzer hätte das doch gerade gerückt, oder?

Es ist ein Wort, das aus unserem Sprachschatz verschwunden ist, weil diese Tätigkeit aus unserem Leben verschwunden ist. Posthalter gibt es nicht mehr. Meine Generation kennt noch den Begriff des »Schrankenwärters«. Es gab noch Schranken, die manuell betätigt worden sind, auch wenn der Schrankenwärter in einem Häuschen saß und einen Knopf drückte. Das ist mir nicht fremd, das habe ich noch in Erinnerung. Ich sollte aber nicht meine Neffen fragen, was ein Schrankenwärter ist. Die Antworten dürften interessant sein.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob sie etwas mit dem Beruf des Tankwarts anfangen könnten. In anderen Ländern gibt es sie ja noch, aber in unserer Welt des Self Service – eine Wortschöpfung, über die ich mich an der Stelle nicht aufregen möchte – ist der Beruf vollkommen verschwunden. Es gibt noch Tankstellen-Angestellte, die an der Kasse stehen und das Geld für den verkauften Treibstoff und andere Sachen, die es an einer Tankstelle gibt, entgegennehmen. Tankwart würde ich sie aber nicht nennen.

Posthalter waren die Betreiber von Pferde- und Kutschen-Stationen. An ihnen konnten die Pferde und später auch Kutschen gewechselt werden. Sie hatten Verträge mit den Post-Gesellschaften. Nebenbei betrieben die Posthalter auch oft noch Gasthäuser, so dass das Geschäft noch einträglicher wurde. Mit dem Aufkommen der Automobile verschwand diese Tätigkeit, die Gasthäuser blieben noch erhalten. Gut vorstellbar, dass die in die Zukunft schauenden Posthalter in Tankstellen investiert haben.

G7 ist in der Geschichte mit einem 5CV von Citroën unterwegs. Von diesem Typ wurden zwischen 1922 und 1926 über 80.000 Wagen hergestellt, was ich eine recht beachtliche Zahl finde. Simenon beschreibt den Wagen als »alt«, also dürfte die Erzählung Anfang der dreißiger Jahre spielen. Autos hatten schon eine gewisse Verbreitung erfahren, womit ein Übergang von Pferden zu motorisierten Fahrzeugen auch schon bei der Post eingesetzt haben dürfte. Dass dies von Simenon nicht thematisiert wird, verwundert nicht. Aber dieser doch entscheidende Fortschritt wird auf den Seiten der französischen Post nicht erwähnt, wogegen der erste Transport mit einem Doppeldecker im Jahre 1912 durchaus Erwähnung findet.