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Der sechste Streich: Bicêtre
Gestern gab es ein neues Hörspiel auf dem NDR zu hören. Es ist jedoch online nicht verfügbar, weshalb ich vom vierten gleich zum sechsten Streich springe, welcher schon verfügbar ist. Nach den Feiertagen gehe ich mal der Frage nach, warum »Der Buchhändler von Archangelsk« nicht online zur Verfügung steht. Aber nun zu »Die Glocken von Bicêtre«, einer der Romane Simenons, an dem ich wirklich hänge.
Im Bett
Der Verleger Maugras kommt zu Bewusstsein und ihm geht auf, dass etwas nicht stimmt. Die Stimme des Erzählers hat einen merkwürdigen Nachhall, während der Zuhörer in diese Geschichte eingeführt wird. Es ist für den Mann schwierig, sich zu konzentrieren, und er wird von einem Freund, der auch Arzt ist, informiert, dass er einen Schlaganfall erlitten hätte und in den besten Händen sei.
Glück habe er gehabt, wird ihm gesagt, schließlich sei er schnell gefunden worden, und deshalb sei er auch sehr schnell in den Genuss ärztlicher Behandlung gekommen.
So kann er sich nun ins Leben zurückkämpfen, aber davon bekommt man als Hörer nicht allzu viel mit, weil sich die Geschichte mehr um das Leben von Maugras dreht, ohne zu einer Biographie zu werden. Vielmehr erinnert sich der erfolgreiche Verleger an Freunde, Bekannte, Verwandte – in dieser Reihenfolge, würde ich mal sagen.
Lang geschrieben, kurz gespielt
Es gibt eine ungekürzte Lesung, noch gar nicht so alt, auf sechs CDs. Will sagen, ließe man sich das Buch vorlesen, wäre man eine Weile beschäftigt, zuzuhören. Kein Wunder, für Simenonsche Verhältnisse ist die Vorlage ein Wälzer.
Der recht umfangreiche Stoff wird komprimiert dargeboten, ohne, dass man etwas vermisst, und wer sich für die Geschichte und vielmehr für die Hauptfigur interessiert, kann im Anschluss entweder zu der Hörbuch-Bearbeitung greifen oder zum Buch.
Die Darbietung erfolgt nicht sehr dialoglästig. Mir kam es vor, als ob die Stimme des Erzählers und die Stimme von Maugras – der nachdenkt, sich erinnert, spricht – unterschiedliche wären. Aber sowohl das Können von Christian Müller, der den Hauptdarsteller spricht, wie auch die Technik suggerierten mir das nur. Der Effekt war enorm und hielt mich bei der Stange.
Was soll groß in einem Krankenhaus passieren, während man bemüht ist, zu genesen? Der Aufenthalt in Krankenhäusern ist nun mal meist langweilig. Das Hörspiel hat genau die richtige Länge. Die Untermalung mit Geräuschen und Musik passten sehr gut, nichts war zu aufdringlich.
Das Buch hat einen besinnlichen Charakter, und diese Stimmung wurde in der Bearbeitung von Susanne Hoffmann sehr gut eingefangen. Die Regie in dem Stück führte Christine Nagel.
Link zum Hörspiel (verfügbar bis 21.12.2021)