Teelichter

Eine traurige Nachricht


Es tut mir fürchterlich leid. Ich habe diesmal eine sehr traurige Nachricht zu überbringen. Wir haben ihn alle geschätzt und er war ein loyaler, offenbar auch außerordentlich trinkfester Begleiter von Kommissar Maigret gewesen. Wenn der große Pariser Ermittler eine wichtige Aufgabe zu erledigen hatte, war der Mann seine erste Wahl: Lucas. Er starb im Einsatz.

Hin und wieder habe ich mir Gedanken darüber gemacht, ob der in verschieden Geschichten auftauchende Kommissar Lucas etwas mit dem Lucas, der treu an der Seite von Maigret stand, zu tun hatte. Das hätte ich mir sparen können, denn die Frage wird klipp und klar von Simenon beantwortet: Es gab für den Mann keine Chance für einen beruflichen Aufstieg vom Inspektor zum Kommissar nach Maigrets Ausscheiden.

Früh in seinem Schaffen begrub Simenon diese Karrieremöglichkeit des Inspektors auf drastische Weise. 

Mitte der Dreißigerjahre schrieb Simenon eine ganze Reihe von Erzählungen, von denen einige auch ins Maigret-Universum gehören. Es war die Zeit, in der er sich von Maigret lösen wollte und sich nur noch der »ernsten« Literatur widmen wollte. Simenon betätigte sich als Amateur-Baumeister, und er präparierte sich seelisch und moralisch auf seine Rolle als Vater. An die großen Maigrets dachte er nicht mehr. Da kommt man schnell auf die Idee, einen verdienten Inspektor über die Klinge springen zu lassen.

Moment mal!

Ganz so eng ist das nicht zu sehen. Im ersten offiziellen Maigret lässt Simenon Torrence sterben, der später wieder putzmunter durch die Gegend springt und eine zweite Karriere als Detektiv bei der »Agence O« startete.

Betrachtet man die frühen Maigrets, dann hat Lucas auch noch nicht den kultigen Charakter als treuer Begleiter von Maigret. Der entwickelt sich erst in den späteren Maigret-Romanen, als es den Monsieur nicht mehr so häufig in die Provinz zog, wie in den ersten Geschichten – etwas realitätsfern – der Fall gewesen war.

Vielleicht ist der Kommissar, den Simenon immer wieder aus dem Hut zaubert und der den gleichen Namen trägt, doch unser getreuer Inspektor.

Details nicht bekannt

Leider – oder vielleicht auch Gott sei Dank – gibt es keine Details, wie es passierte.

Maigret war schon im Ruhestand, da ihn ein Brief erreichte, in dem eine junge Frau dringend um Hilfe bat. Es ginge um Leben und Tod, schrieb sie dem Pensionär nach Meung-sur-Loire. Sie formulierte es in ihrem Brief so:

Sie müssen wissen, dass ich die Nichte eines Mannes bin, der lange Ihr Mitarbeiter bei der Kriminalpolizei war und kurz vor Ihrer Pensionierung an Ihrer Seite erschossen wurde.

Mir ist ein solcher Fall nicht bekannt. Allerdings merke ich, dass mir immer mal wieder etwas entfällt, denn dieser Fakt war mir auch nicht präsent und ich wäre bei einem Maigret-Quiz fürchterlich hereingefallen, wenn eine Frage gekommen wäre, die darauf angespielt hätte. Aber Maigret dachte darüber nach und so wird ausgeführt:

Was den Mitarbeiter betrifft, der kurz vor meiner Pensionierung an meiner Seite getötet wurde, so kann das nur Wachtmeister Lucas sein, [...]

Allerdings hatte der nie etwas von einer Nichte erzählt. Aber die junge Dame – Mademoiselle Berthe – hatte beim ersten Treffen eine plausible Erklärung, mit der sie dem Pensionär Wind aus den Segeln nimmt: Sie wäre nicht die Nichte, sondern die Großnichte von Lucas.

Maigret nimmt den Fall an und so kann er der Familie noch ein wenig helfen.