Koffer in Zimmer

Frau Maigret als Detektiv


Ganz gezielt habe ich das beste Hörspiel der Box an das Ende gesetzt. Nein, das ist gelogen. Das längste Hörspiel einer solchen Kompilation, das war mir klar, wird der Höhepunkt sein. Nein, das flunkere ich schon wieder! Mit Madame Maigret im Mittelpunkt kann nichts schief gehen, als Maigret-Spezialist weiß man das. Die Lügen werden immer frecher ...

Bleibt nur eines: Zufall. Schon wieder gelogen! Also ganz ehrlich: Ein wenig Schiss. Das ist die Wahrheit. Es ist in der Edition das längste Hörspiel und ich hatte mich gefragt, ob die Konzentration dafür reicht und ob ich nicht anfangen würde, mich mit anderen Sachen zu beschäftigen. Das passierte nicht und ich habe das Stück in einem Rutsch gehört. Bei einem 30-Minuten-Stück würde ich das nicht erwähnen, aber bei diesem Langläufer muss ich mir stolz auf die Schulter klopfen. Es ist, wenn ich es richtig mitbekommen habe, über 80 Minuten lang.

Aber wir wollen die hier schon Tradition gewordene Struktur nicht einfach über Bord werfen und so geht es schön der Reihe nach.

Die Präsentation

War da Musik? Ich kann mich gar nicht erinnern. Wenn es Musik gab, dann hat sie sich nicht in den Vordergrund gespielt und blieb dezent. Aber ich würde vermuten, dass sie überhaupt keine Rolle gespielt hat.

In einem der Stücke der Reihe wurde ein elektrisches Klavier verwendet, hui, das war schon grenzwertig. Auch bei den Stimmen gab es unterschiedliche Erlebnisse. Bei den anderen sechs Stücken sprach mich kein Maigret an, einmal empfand ich sie sogar als störend. 

Schön, dass das mit dem letzten Stück so ganz anders gewesen war: Der Kommissar hatte die perfekte Stimme und auch Madame Maigret war ganz nach meinem Geschmack. Sie klang so, wie man es erwartet: Stolz und gleichzeitig zurückhaltend, denn sie ist eher schüchterner Natur – da muss nichts hineininterpretiert werden. In den Memoiren war sie zu keck, im Weihnachtshörspiel empfand ich sie als zu hölzern. Es ist schwer, es mir recht zu machen, ich weiß.

Worum ging es noch einmal?

Es handelt sich um eine Adaption des Romans »Madame Maigrets Freundin«. Ein Buchbinder war festgenommen worden, weil man im Ofen seiner Werkstatt die Zähne eines Menschen gefunden hatte, er blutige Kleidung in seinem Schrank zu hängen hatte und zu allem Überfluss ein anonymer Brief eingegangen war, in welchem der Buchbinder des Mordes bezichtigt wurde. Madame Maigret saß in einem Park und musste plötzlich auf ein Kind aufpassen, da die Mutter verschwand. Sie verpasste ihren Zahnarzttermin und ihr Huhn verbrannte.

Interessant, dass hier zwei Motive herausgeholt werden, die in Simenons Romanen eine Rolle spielten oder spielen sollten. Zum einen wurde dieses Thema »Benachbarter Handwerker beobachtet Handwerkskollegen bei einem Verbrechen« schon in »Die Phantome des Hutmachers« behandelt, welcher zeitlich kurz zuvor geschrieben wurde. Zum anderen, aber das wird nicht in dem Hörspiel thematisiert, sammelt Madame Maigret Zeitungsausschnitte über ihren Mann, damit er es einmal leichter haben würde, wenn er seine Memoiren schrieb. Was Simenon ein Jahr später für Maigret tat.

Der Versuch einer Rummäkelei

Es gibt wirklich nur einen Punkt, der mich störte: Im Hörspiel ist davon die Rede, dass Madame Maigret am Quai d'Anvers war. Einen solchen gibt es in Frankreich. Allerdings ganz im Norden in Lille. In Paris habe ich keine Spuren eines solchen entdecken können. Aber das wäre noch nicht schlimm. Aber in der literarischen Vorlage wird ein existierender Ort verwendet, den dort genannten verwendeten Square d'Anvers zu verwenden, wäre eigentlich kein Drama gewesen.

Kleines Fazit

Image Lightbox

Madame Maigret als Detektiv

Credits: der audio verlag

Das war das letzte Hörspiel, welches ich aus der unlängst erschienenen Hörspielbox »Maigret – Die raffiniertesten Fälle« aus dem Audio Verlag hörte. Der Zyklus der raffinierten Fälle ist damit auf diesen Seiten erst einmal abgeschlossen. Dass ich das Glück hatte und zum Schluss die Bearbeitung erwischte, die mir am besten gefiel, das war nicht vorauszusehen. Die Kürzungen in der Geschichte um Madame Maigrets Malheur waren geschickt, sodass der rote Faden nie verloren ging. Die gewählten Schauspieler waren exzellent.

Nun haben die Ohren erst einmal wieder Ruhe und ich lasse die Buchstaben vor meinen Augen tanzen.