Gefängnis Saint-Lazare

Madame Smitts letzte Reise


Bei der Affäre um Madame Smitt handelt es um einen der seltenen Fälle, in denen alle Ereignisse chronologisch aufgezeichnet wurden. Sie begann am 6. Dezember und eine Woche später war sie auch schon beendet. Wahrlich eine D-Zug-Ermittlung! Der Fauxpas, der in der Geschichte zu finden ist, spielte sich nach dem Ende der eigentlichen Untersuchungen durch Richter Froget ab.

Zwar wurde bei dem Beitrag das Spoiler-Kennzeichen gesetzt, aber ist das eigentlich notwendig? Gibt doch schon der Buchtitel der Sammlung der Geschichten um den Untersuchungsrichter Froget die Richtung der Geschichten vor – »Der Richter und die 13 Schuldigen«. Ich erwarte nicht, dass das Schema noch durchbrochen wird, welches sich in den ersten vier Geschichten aufzeigte. Allerdings befallen mich andererseits schon die ersten Zweifel: Dreizehn Schuldige bei vierzehn Geschichten? Und was ist mit »Nouchi« – sind es da nicht zwei Schuldige? Das Spoiler-Kennzeichen ist wahrscheinlich zurecht gesetzt …

Kommen wir zur Chronologie der Ereignisse in der Geschichte:

6. Dezember 1929: Madame Smitt geht es nicht gut und sie legt sich hin.

8. Dezember 1929: Einem Gast der Pension fällt auf, dass Lümmel einen toten Hund auf das Grunstück geworfen haben, und er beginnt das tote Tier zu begraben. Dabei stieß er auf menschliche Überreste.

9. Dezember 1929: Der Gatte von Madame Smitt wurde in Boulogne-sur-Mer gefunden. Er hatte einen Brief geschrieben, dass er nur bei der Übernahme der Kosten nach Paris kommen könne.

11. Dezember 1929: Richter Froget begibt sich zu der Madame, um sie zu dem Sachverhalt zu befragen.

Am Ende der Befragung kam der Richter zu dem Schluss, dass die Frau einen Mord begangen hatte – ein paar Jahre war es schon her, aber das spielte keine Rolle – und ließ sie in das Saint-Lazare transportieren.

Nicht den Bahnhof, nicht das Krankenhaus – sondern offenbar das Gefängnis. Das ergibt sich aus den Worten:

Einen Tag nachdem Madame Smitt auf die Krankenstation von Saint-Lazare eingeliefert wurde, [...]
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L‘Œuvre (27.12.1927)

Credits: Public Domain

Das verwundert ein wenig. Wurde doch das Gefängnis im zwei Jahre zuvor geschlossen. In der Presse finden sich Artikel aus dem Dezember 1927, in dem davon die Rede ist, dass das Hauptgebäude abgerissen werden soll und die Gefängnis-Bewohnerinnen sollten umgesiedelt werden. 

Was noch möglich gewesen wäre: Die Einlieferung in das Frauen-Krankenhaus, das dort in den darauffolgenden Jahren betrieben worden ist. Aber das hat Simenon sicher nicht gemeint, denn wie sinnvoll wäre die Einlieferung einer Person in die »Krankenstation eines Krankenhauses«?

Nun weiß ich nicht, ob die Schließung des Gefängnisses ein »großes Ding« in der Presse gewesen ist. Aber es finden sich doch eine Reihe von Meldungen, die das Ende dieser Anstalt thematisieren.