Michel Blanc als Monsieur Hire

Michel Blanc


Das wäre mal was! Wenn ich hier verkünden könnte: Heute wurde der zukünftige Maigret-Darsteller X.Y. geboren worden, der große Erfolge feiern wird. Stattdessen ist einmal mehr der Tod eines großen Schauspielers zu vermelden, der sich auch Meriten in der Simenon-Welt verdiente. Die Rede ist von Michel Blanc, der am 3. Oktober im Alter von 72 Jahren einigermaßen unerwartet verstarb.

Hat man die Meldungen am Tag oder darauf gelesen, fragte man sich noch: Wie kann das sein? Das stellt man erst in dem Alter fest? Michel Blanc verstarb infolge eines Herzproblems, das durch einen anaphylaktischen Schock ausgelöst wurde. Dieser Schock, bekannt als Quincke-Ödem, ist eine schwere allergische Reaktion, die zu Atembeschwerden und einem gefährlichen Abfall des Sauerstoffgehalts im Blut führt. Ursprünglich wurde berichtet, dass die Reaktion durch ein Kontrastmittel bei einer medizinischen Untersuchung ausgelöst wurde – worauf ich hier anspielte. Es könnte jedoch auch durch die Einnahme von Antibiotika am Morgen des gleichen Tages verursacht worden sein. Diese Antibiotika wurden verschrieben, weil sein Arzt den Verdacht auf eine Niereninfektion hatte. Die eigentliche Untersuchung, eine Nierenultraschalluntersuchung, erforderte kein Kontrastmittel. Also warum und weshalb ist immer noch nicht klar – spielt aber nur eine untergeordnete Rolle.

Simenon-Liebhabern, die sich dem Film-Adaptionen verschrieben haben, dürfte er in diesem Kontext dreimal über den Weg gelaufen sein. Blanc spielte in zwei Maigret-Verfilmungen mit, jeweils in der Jean-Richard-Reihe (»Der Spitzel«, »Der Erhängte von Saint-Pholien«) sowie in der zurecht sehr gelobten Literaturverfilmung »Die Verlobung des Monsieur Hire«.

Michel Jean François Blanc wuchs als Einzelkind in bescheidenen Verhältnissen auf. Sein Vater arbeitete zunächst als Umzugshelfer und wurde später Logistikmanager, während seine Mutter erst als Sekretärin tätig war, bevor sie später eine Anstellung als Buchhalterin bei Lacoste hatte. Wegen eines Herzproblems bei seiner Geburt wurde Michel Blanc von seinen Eltern verwöhnt, was ein Auslöser für hypodrontische Züge sein könnte, die der spätere Schauspieler entwickelte.

Er verbrachte seine Kindheit in einem Haus in einem Vorort von Puteaux, welches von seinem Urgroßvater zusammengezimmert worden worden war. Der zeigte zwar Engagement doch wenig Sachkenntnisse in der Baumaterie, weshalb die Bewohner mit Feuchtigkeit zu kämpfen hatten. Trotz der schwierigen Wohnverhältnisse war der Junge glücklich im Haus seiner Eltern und Großeltern, bis sie wegen städtischer Bauprojekte umziehen mussten. Der Umzug nach Colombes brachte ihn in eine Wohnung mit Blick auf einen Friedhof – den jungen Blanc begeisterte das wenig.

Am Lycée Pasteur in Neuilly-sur-Seine lernte er Gérard Jugnot kennen, mit dem er sich anfreundete. Später schlossen sich ihnen Christian Clavier, Thierry Lhermitte, Marie-Anne Chazel, Josiane Balasko und Bruno Moynot an, die zu seinen späteren Comedy-Partnern wurden. (Ursprünglich war auch noch Valérie Mairesse mit dabei.)

Schon als Kind liebte Blanc klassische Musik und übte Klavier – sein Interesse am Theater wurde durch die Teilnahme an Schultheaterprojekten geweckt. Zudem begeisterte er sich für Film durch den Filmclub der Schule.

Nach der Schule wollte er Lehrer werden, aber irgendwie schien das nicht das zu sein, was er wirklich wollte. Das Studium gab er auf. Er nimmt Schauspielunterricht und trifft dort seine alte Freunde wieder. Das war der Beginn der Splendid-Gruppe, denn die Gruppe von Freunden – die zuvor schon erwähnt wurden – zur Gruppe »Le Splendid« zusammen, benannt nach einem Café-Theater in Paris. Ein Stück, das in diesem Theater aufgeführt wurde, wurde dann 1978 auch ihr erster Film (»Le Bronzés« – alberner deutscher Name: »Die Strandflitzer«). 

Nach dem großen Erfolg des Films folgt bald eine Fortsetzung (und 2006 sogar noch ein dritter Teil) sowie der Film »Le père Noël est une ordure«, der ebenfalls ein großer Erfolg sein wird. Dann beginnen die einzelnen Mitglieder der Gruppe ihre Solo-Karrieren zu starten. So auch Michel Blanc. Kleinere Rollen hatte er schon – wie beispielsweise in der Maigret-Fernsehserie – nun sollte nicht nur größere Folgen, sondern auch ein neuer Schritt: Mit »Marche à l'ombre« (dt. »Zwei Fische auf dem Trockenen«) nahm er auch auf dem Regie-Stuhl Platz und drehte im Jahr 1984 den in Frankreich erfolgreichsten Film. Zwei Jahre später folgte eine Rolle in dem Film »Tenue de soirée« (dt.: »Abendanzug«) an der Seite von Miou-Miou und Gérard Depardieu.

Spätestens 1989 verließ er das Komödienfach: »Monsieur Hire« erscheint auf der Leinwand (zum zweiten Mal, denn Michel Simon hatte in »Panique« das erste Mal diese Rolle inne). Roger Ebert schrie zu dem Film, dass er »so delikat« sei, »dass man während der letzten halben Stunde beinahe den Atem anhält«. Ein Großteil dieser Faszination dürfte an der Darstellung des Darstellers gelegen haben.

Für die Simenon-Film-Welt war der Schauspieler damit verloren – es sind keine weiteren Verfilmungen mit ihm verzeichnet. In den 1990er-Jahren war er auch weniger auf der Leinwand präsent, sondern spielte vielmehr Theater. Wenn es Filmprojekte gab, so waren diese oft nichts von der Glücksmuse geküsst worden. In den beiden darauf folgenden Dekaden war er auch auch in der Film-Welt wieder aktiver. Schaut man sich das Œuvre an, findet man allerdings wenig Filme, die wirklich hervorstechen. Viele der Produktionen haben den französischen Markt nie verlassen.

Über das Privatleben des Schauspielers ist nicht sehr viel bekannt, was sehr sympathisch ist. Nach seinem Tod wurde bekannt, dass er die letzten fünfzehn Jahre mit der Modedesignerin Ramatoulaye Diop zusammenlebte.