Fish

Stockfischpüree


Psychiater würde wahrscheinlich noch gehen, Kinderarzt wahrscheinlich auch – bei allen anderen Arzt-Spezialisierungen wird es aber schnell blutig und das wäre nichts für mich. Die Härtesten sind aber wohl noch die Gerichtsmediziner – Pathologen –, die in allem möglichen Teilen »herumstochern«. Aber nur so bekam man heraus, dass Albert Rochain zuletzt ein Stockfischpüree zu sich genommen hatte.

Nun will ich gar nicht groß darüber nachdenken, wie man das so ohne weiteres feststellen kann. Vor allem, wie Dr. Paul sich festlegen konnte, dass es provenzalisches Stockfischpüree gewesen war und nicht irgendein anderes. Aber ich nehme mal an, dass er da so seine Tricks hatte oder es anhand der Kräuter ermitteln konnte. Zuerst musste ich die Lücke schließen, was denn Stockfisch genau ist.

Die Spezialität

​Ursprünglich war es, so wurde ich informiert, ein Arme-Leute-Essen. Stockfisch wird überwiegend aus Kabeljau hergestellt, der gefangen wird (und im Mittelalter gab es davon genug), anschließend geköpft und ausgenommen wird, bevor er zum Trocknen paarweise aufgehängt wird. Es gibt auch eine Variante, bei der der Fisch noch gesalzen wird, aber das ist dann kein Stockfisch mehr. Man hat das schon im früheren Mittelalter in Norwegen gemacht und es hat sich in Europa durchgesetzt. Ohne Stockfisch wäre die Seefahrerei gar nicht möglich gewesen, weil es wenig so gut haltbare Lebensmittel wie dieses gab. (Sauerkraut war so ein Lebensmittel und nun kann man sich gut vorstellen, was es auf den »Kreuzfahrten« der damaligen Zeit so gab: Stockfisch mit Sauerkraut oder Sauerkraut mit Stockfisch.)

Es kommt, wie es kommen musste: Die Kabeljau-Bestände wurden kleiner, Fisch isst man mit Vorliebe frisch (oder zumindest in dem Glauben, er wäre frisch) – und so nahm die Bedeutung des Stockfischs ab. Heute ist es kein Arme-Leute-Essen mehr, sondern hat es zu einer Spezialität geschafft.

Schon in »Maigret und sein Toter« bekommt man einen Eindruck davon, dass der Stockfisch nicht nur mehr in den kleinen Restaurants für Arbeiter und kleine Angestellte angeboten wurde, sondern auch in den nobleren Restaurants. Schließlich fragt Maigret nach, ob das Stockfischpüree getrüffelt wäre – was für eine noblere Variante gesprochen hätte.

Wie kommt man auf das Thema?

So ganz aus dem Nichts komme ich nicht auf dieses Thema, sondern durch eine nette Mail, die mich auf einen Artikel im »Standard« hinwies, in der es um Pariser Gastronomie ging und dort – Überraschung! – fand der Fisch seine Erwähnung. In dem rundum lesenswerten Artikel, der sofort wieder Sehnsucht nach Paris schafft und die »Suppenküchen« in Paris vorstellt (in einer solchen war ich schon mal zum Gucken, aber nicht zum Essen – ein offensichtliches Manko, wie ich jetzt feststelle, denn für Brandade de Morue [oder auf deutsch: gratiniertes Stockfisch-Erdäpfelpüree] könnte ich mich auch erwärmen).

Es brauchte auch nicht lang, bis in den Kommentaren unter dem Artikel ein Bezug zu Maigret hergestellt wird (ich hätte da den Tipp-Geber in Verdacht…). Nun isst Maigret in dem Roman nicht ein einziges Mal Stockfisch, sondern konsumiert andere Sachen. Aber ein Toter ist auch ein Bezug, den man heranziehen kann. Es ist erlaubt, jeden Bezug den man zu einem Maigret/Simenon herstellen kann, auch zu nutzen. So oder so.

Wer den Artikel nachlesen möchte, findet ihn online beim Standard.

(Und vielen Dank an den Tippgeber Lars Schabel!)