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Täglich ein Häppchen
Die letzten Wochen wurden genutzt, die Bibliografie auf der Webseite bezüglich der Originaldaten zu prüfen, zu korrigieren und zu ergänzen. Darunter waren auch Angaben zu Vorabveröffentlichungen. Ganz erstaunlich ist, wie oft es Simenon gelang, seine Werke in Zeitungen und Zeitschriften zu platzieren. Auch anderen Verwertungsarten gedruckter Natur war er ganz und gar nicht abgeneigt.
Titelblatt von »Les feuillets bleus« mit »Le Testament Donadieu«
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Dieses schmucke Exemplar starrte mich neulich vom Bildschirm aus an. Was mochte das wohl sein und was würde ich dahinter verbergen? Was die »Les feuillets bleus« sind, ließ sich nicht vorab ergründen. Einen Vorabdruck in einer Zeitschrift konnte ich mir nicht richtig vorstellen. Zumal es sich um den Roman »Das Testament Donadieu« handelte, eines der umfangreichsten Werke von Simenon.
Bei dem Heft handelt es sich um eine Roman-Zeitung. Auf der zweiten Seite des Blattes wurde der Schriftsteller vorgestellt und dann ging es mit der Geschichte los. Der Umfang betrug in der mir vorliegenden Ausgabe 32 Seiten, von denen getrost drei Seiten abgewogen werden können, die für den Titel, Notizen und Gedichte genutzt werden. Auf der vorletzten Seite wird angekündigt, dass eine Fortsetzung folgen würde – das war zu erwarten gewesen.
Leider waren keine Folge-Ausgaben erhältlich, so dass über den Fortgang und die Dauer nur spekuliert werden könnte.
Der Leser wird in diesem Heft an den Schriftsteller durch eine Einleitung herangeführt. Da lesen sich einige erstaunliche Sachen, beispielsweise, dass der Vater Simenons Bretone gewesen wäre. Zu den Groschenheften, die Simenon in den 1920er-Jahren schrieb notiert der Autor Roger Giron in der Einführung:
Es war vielleicht keine große Literatur, aber sie war äußerst lebendig und immer amüsant.
Beginn der Roman-Serie »Le Testament Donadieu« im »Les feuillets bleus«
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Der Roman wurde 1936 veröffentlicht, die Ausgabe in den »Les feuillets bleus« erschien drei Jahre später. Simenon wird mit den Worten zitiert, dass er mit 45 Jahren den Nobelpreis haben würde. Das bliebe abzuwarten, meinte der Autor, aber in Sachen Produktivität berichtet er, habe Simenon schon Dumas eingeholt.
Geschrieben wurden die Zeilen von einem wahren Anhänger Simenons. Anders sind die folgenden Worte nicht zu verstehen:
Manche Schöngeister rümpfen die Nase, wenn man ihnen von Simenon als einem der besten Romanautoren unserer Zeit erzählt. Lassen wir diese Zartbesaiteten über die freudianischen, obskuren und langweiligen Romane gähnen, die sie zu bewundern vorgeben. Das Publikum, das Geschichten liebt, hat sich nicht geirrt: Ein Roman von Simenon lässt die Auflage einer Zeitung in die Höhe schnellen. Und einige sehr ernsthafte Geister verbergen nicht, wie viel Spaß es ihnen macht, jeden Monat ihren »Simenon« zu lesen.
Damit sind wir bei einem Aspekt, der mein Interesse bei der Überarbeitung der bibliografischen Daten weckte: Wie gut war Simenon im Geschäft mit den erwähnten Vorabveröffentlichungen? In einem anderen Beitrag habe ich Zahlen dazu zusammengefasst. Dafür, dass die Auflagenzahlen in die Höhe schnellten, kann ich keine Belege liefern. Die Tatsache, dass Fortsetzungsromane sehr beliebt sind, erscheint mir aber glaubhaft. Mir wurde vor ein paar Jahren von den Mitarbeitern einer Regionalzeitung erzählt, dass der Versuch diese tägliche Rubrik einzustellen, heftige Reaktionen in der Leserschaft auslöste. Sodass man ihn wieder anbot.