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Veraltetes Medium
Als Kind der siebziger Jahre und, hey – das klingt schon richtig alt jetzt –, bin ich mit Schallplatten aufgewachsen und Kassetten. Letzteres war ein praktisches Medium, weil man damit gut Musik aus dem Radio aufnehmen konnte. Wenn man, wie ich, aus der ehemaligen DDR stammt, war das wirklich die einzige Möglichkeit, um an coole Mucke zu kommen. Wenn da auch das stete Ärgernis der Dazwischenquatscher gewesen ist.
Damit waren die Moderatoren gemeint, die schon weit vor dem Ende des Titels oder, schlimmer noch, mittendrin anfingen, zu sprechen und damit die Aufnahme versauten. Was habe ich denn geflucht, denn man saß ja nicht den ganzen Tag vor dem Kassettenrekorder, um seine Lieblingstitel aufzunehmen – gewisse Limitierungen durch Schule, Schlafen, soziales Leben (wo man dann anderen die coolen Songs in Stereo vorgespielt hat!) gab es schon.
Die Kassetten gab es damals im Osten im 60er-Format, im Intershop auch im 90er und es soll sie auch im 120er-Format gegeben habe, wobei da gehört hatte, dass damit die Recorder oft nicht zurecht gekommen sind und es Bandsalat gab. Also gab ich mein schönes Westgeld für 90er Kassetten von BASF aus und hatte nachher eine ganze Menge. Ein Dankschreiben gab es weder von BASF noch von seinem Ost-Pendant, denn so eine 60er-Ost-Kassette kostete damals 12 Mark. Mit 60er-, 90er- und 120er-Format meine ich die Laufzeiten. Es gab auch welche von besserer Qualität, aber das sprengte dann das Budget.
Schumm
Ende der 70er Jahre schwappte aus den USA eine Welle zu uns herüber: Romane und Erzählungen musste man nicht mehr selber lesen, man konnte sie sich auch vorlesen lassen. Erich Schumm gefiel die Idee sehr gut, dass er nach einem USA-Aufenthalt 1978 den ersten deutschsprachigen Hörbuch-Verlag gründete - Schumm sprechende Bücher.
Wie immer, wenn man ein wenig durch die Internet-Gegend klickt, ist man ganz überrascht: Dieser Erich Schumm hat uns nicht nur Hörbücher nach Deutschland gebracht, er erfand auch eine Brennstoff-Tablette, wie sie heute noch zum Einsatz kommt, und - ich bin fast hinten über gefallen - er gilt auch als Erfinder der modernen Fliegenklatsche.
Von seinem Erfolg als Verleger hatte er nicht mehr so viel, denn schon 1979 verstarb er und Jahre später wurde der Verlag dann umbenannt in Steinbach sprechende Bücher, der über die Jahre immer mal wieder auch Simenon-Titel herausgebracht hat.
Die Kassetten
Wie diese hier, die ich gerade vor Weihnachten erwarb, als ich sie bei Amazon für 4,23 Euro bei Amazon sah und irgendein Reflex sagte: »Greif zu, dass ist die Gelegenheit, eine Kassette zu kaufen. Es ist völlig egal, dass wir überhaupt gar keinen Kassettenrekorder mehr besitzen – wenn Du irgendwann mal wieder mehr Kassetten hast, kannst Du Dir ja einen kaufen. Vielleicht werden Kassetten ja eines Tages mal wieder modern, wie Schallplatten.« Aber selbst eine Umbenennung wie bei Schallplatten, wo man jetzt nur noch von Vinyl spricht, wird wohl den Kassetten nicht helfen.
Offiziell bin ich jetzt auch noch ein Preistreiber, denn bei Amazon kostet die Kassette jetzt über 41 Euro. Was für eine Wertentwicklung – davon können selbst Bitcoin-Anleger nur träumen…
Immerhin gab mir das die Gelegenheit, hier noch einmal das Cover der damaligen Hörbuch-Veröffentlichung vorzustellen und ich werde die Tage auch noch ein paar Titel ergänzen, die in der Ära Schumm sprechende Bücher erschienen sind, und hier bisher nicht verzeichnet wurden.
Rätselhaft bleibt indes, warum auf der Kassette selbst von »Kriminalerzählungen« die Rede ist, wo doch vermutlich nur eine Erzählung auf der Kassette zu finden ist (was ich nicht validieren kann, da ich keinen Kassettenrekorder habe und ein Inhaltsverzeichnis nicht vorhanden ist). Es gibt ein Indiz dafür, dass es wirklich nur ein Title ist, der auf der Kassette zu finden ist: Das im April herauskommende Hörbuch auf dem audio Verlag hat nahezu die gleiche Länge.