Der Revolver von Marton

Winter in Paris

Rupert Davies in »Maigret hat Skrupel«


In der ersten Szene der Folge wird eine Modell-Eisenbahnanlage eingeblendet, an der ein Mann spielt. Sagt man spielen? Vielleicht sagt man besser, dass der Mann sich an seiner Anlage erfreut. Dass er dabei spielt, ist dann zweitrangig. Dieser Mann, es handelt sich um Monsieur Marton, wird bei seinem Tun von zwei Frauen beobachtet. Seiner Frau und seiner Schwägerin. Eine der Beiden mag der nicht. Er wendet sich ab und geht zu einer Kiste.

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Dramatische Musik ein. Er findet eine Flasche mit der Aufschrift »Gift«, riecht dran und schaut entsetzt.

Ob Monsieur Marton wirklich etwas gerochen hat? Schließlich lässt es nach dem Fund heimlich untersuchen und es wird festgestellt, dass es sich um Zinkphosphid handelt. Dieses soll wie Phosphin riechen, was wiederum geruchlos ist und nur im Falle einer Verunreinigung nach Knoblauch und faulem Fisch riechen soll. Das gehört keinesfalls zum Allgemeinwissen eines Spielzeugverkäufers, insofern überraschte mich das dramatische Gesicht des Monsieur Marton. Allerdings ist der Gesichtsausdruck auch ziemlich komisch. (Ich kann mich, wenn ich ehrlich bin, an diesem GIF gar nicht satt sehen.)

Mich hätte der Aufdruck selbst überrascht – einfach nur das Wort »Gift« ohne weitere Erläuterung , dass es sich um ein Mittel zur Bekämpfung von Ratten handeln würde. Aber sei’s drum.

Es handelte sich um die ersten Tage im neuen Jahr. Draußen war es kalt und die Pariser kurierten ihre Silvester-Kater noch aus. Maigret hat sich auf den Weg zur Arbeit gemacht und die Besetzung am Quai ist spärlich. Die Leute hatten wohl noch nicht die Kraft, Verbrechen zu begehen. Die diensthabenden Inspektoren spielen Karten als der Kommissar eintritt und er lässt sie weiter spielen.

In diese Szenerie hinein tritt Marton, der Maigret sprechen möchte. Lucas empfängt und fragt ihn, ob er einen Termin hätte. Nein, antwortete Marton, er hätte aber wenig Zeit. Die Antwort, Comedy pur, »Wir auch!«. Gerade vom Kartenspiel aufgestanden, kommt so ein Spruch. So geht es in den ersten Minuten der Folge weiter: Maigret unterhält sich mit Marton, der seine Nöte schildert – er glaube, dass seine Frau ihn vergifte, er hätte schon einen Arzt aufgesucht, der ihn untersucht habe, aber er sei geistig voll auf der Höhe, ...)  –, dann wird Maigret kurz abgelenkt, muss den Raum verlassen und Marton geht in diesem kurzen Augenblick. Maigret kommt wieder herein, liest Zeitung und meint zu Lapointe, dass er gern ein Bier hätte, bevor ihm einfällt, dass es zu kalt wäre und man beschließt, dass ein Grog vorzuziehen wäre. Lapointe schlägt vor, sich welchen bringen lassen könne, aber Maigret lehnt ab, weil er wäre nur noch lauwarm, wenn er angekommen wäre. Die Lösung: Man geht selbst. Maigret zieht sich den Mantel an, da kommt Lucas herein und meldet, dass jemand Maigret sprechen möchte. Die Antwort: »Natürlich! Hier kommt man ja zu gar nichts.«

Wenn das nicht komisch ist, weiß ich auch nicht.

Der Besucher war Madame Marton, die sich bei dem Kommissar einmal melden wollte, da sie wüsste, dass ihr Mann sie bei ihm angeschwärzt hätte. Der Kommissar ist nun hin und her gerissen, ob er etwas unternehmen soll oder nicht. Ein Verbrechen ist noch nicht geschehen, was soll die Polizei da ermitteln?

Die Geschichte ist schon deshalb bemerkenswert, weil sie nicht mit einer Leiche beginnt – sondern mit einer endet. Das komische Element verschwindet nach der Hälfte und es kommt eine Spannung auf.

Das Timing in der Verfilmung der Geschichte kommt mir reichlich merkwürdig vor. Es wird beispielsweise ein kurzes Gespräch gezeigt, in dem es hin und her, hin und her geht, und aus diesem Szenenbild heraus wird eine andere Aktion gestartet und so getan, als wäre eine Ewigkeit vergangen und Maigret hätte ganz viel zu tun gehabt. Hatte er aber nicht, wie man gerade gesehen hatte. Daraus entsteht eine Komik, von der ich nicht weiß, ob sie wirklich gewollt ist.

Das habe ich in den nächsten Folgen im Auge.