Schauplatz Paris

Zeitgenössischer Maigret


Über die letzten Jahre wurde hin und wieder hier über die geplante Maigret-Serie geschrieben. Nun haben die Produzenten eine Reihe von Informationen an die Öffentlichkeit gebracht. Eines wird aus dem Marketing-Sprech der Hersteller der neuen Maigret-Produktion deutlich: Für Traditionalisten und Puristen wird es hart werden. Die Zielgruppe sind nicht die, die die Bücher mögen.

Schon früher bin ich über die Formulierung gestolpert, dass sie behaupten, dass es die erste zeitgenössische Fernsehverfilmung von Simenons Maigret-Romanen wäre. Diese Behauptung ist nur in dem Fall korrekt, wenn man meint, dass es die erste Fernsehserie in dem der Maigret-Stoff in die (vermutlich) 2020er-Jahre adaptiert worden ist. Allerdings kann derjenige, der das in zwanzig Jahren macht, dann ebenfalls behaupten. Zumindest war die erste Serie, die nicht das Zeitkolorit von Simenons Maigret mitgenommen hat, die Serie um Jean Richard – für mich fangen die Albernheiten an der Stelle schon mal an.

Schön ist auch, dass man ein »lebhaft umgesetztes Paris« zu sehen bekommen wird; im ersten Absatz der Verlautbarung jedoch mitgeteilt wird, dass der Dreh in Budapest begonnen hat. Man zielt offenbar nicht auf den französischen Markt. Viel ärger ist aber, dass angekündigt wird, dass wir von der »glitzernden Welt der Oberschicht« bis hin zu den »lokalen Bistros und Bars« bis hin zu den »unterirdischen Treffpunkten der Berufsverbrecher« unterwegs sein werden. Es gibt nicht so viele Geschichten, in denen Maigret in der Oberschicht unterwegs gewesen ist – und glitzernd war das meist gar nichts. Und ich werde mir nicht die Mühe machen, zu schauen, ob »unterirdische Gangster« in der Maigret-Welt überhaupt vorkommen. (Habe ich dann natürlich doch: Und die Antwort ist nein.)

Jung

Der wahre Geniestreich ist, dass wir es nicht mit einem Mann im gesetzten Alter zu tun bekommen – schließlich denkt unserer Buch-Maigret sehr oft an seine Pensionierung, steht kurz davor oder ist es schon. In dieser Adaption haben wir es mit einem jungen Detektiv zu tun, der der Vorsteher einer Elite-Einheit namens »La Crim« ist, und der mit seinem »unübertroffenen Wissen über Paris und seine Bewohner« punkten kann. Hat man ihn nun doch gefunden, den belastbaren Berufsanfänger mit jahrelanger Erfahrung, umfassenden Wissen und Führungsqualitäten?

Da wundert es fast, dass er mit Madame Maigret verheiratet sein soll – und das treu und liebevoll. Hätte ja auch sein können, dass er über die ganze Verantwortung ein Wrack geworden ist, das drogenabhängig ist und beziehungsunfähig. Oder zumindest mit einer problembehafteten Verwandtschaft, die immer Ärger macht. Aber davon ist nun kein Wort zu lesen gewesen.

Sollte hier eine gewisse Skepsis herauszuhören sein … jawohl, ich erwarte ein gelecktes Krimi-Mainstream-Produkt, in dem allein der Name Maigret für den Kommissar übrig geblieben ist. Insofern werde ich wohl nicht enttäuscht werden können, sondern nur positiv überrascht.

Zur Produktion

Benjamin Wainwright wird Maigret spielen, Stefanie Martini seine Ehefrau - es werden noch eine ganze Reihe anderer Schauspieler genannt, die in der Serie mitspielen. Allerdings gibt es keine Zuordnung zu irgendwelchen konkreten Rollen, außer dass sie zu den Detektiven um Maigret gehören und als »Les Maigrets« bezeichnet werden.

Eine Ausnahme stellt dabei Nathalie Armin da, die die Staatsanwältin Mathilde Kernavel spielt. Vermutlich hatte man keine Lust, das Publikum mit der zugegebenermaßen etwas schrägen Untersuchungshierarchie in Frankreich zu belästigen und lässt den Untersuchungsrichter einfach mal unter den Tisch fallen.

Aus den Informationen, die vorliegen, ist herauszulesen, dass die erste Staffel sechs Folgen umfassen wird – die von drei unterschiedlichen Regisseur:innnen in Szene gesetzt werden. Für die ersten beiden Teile nimmt der Drehbuchautor Patrick Harbinson auch auf dem Regiestuhl Platz.

John Simenon ist als ausführender Produzent mit an Bord. Von Masterpiece, bei der die Serie ausgestrahlt wird, ist es Susanne Simpson, die einen scharfen Blick auf die Produktion werfen wird, von Playground sind es Colin Callender und David Stern.

Bei Masterpiece schaut man, was den Stoff angeht, optimistisch in die Zukunft. Susanne Simpson lässt verlautbaren, dass »unser Publikum Inspektor Maigret und seinen einzigartigen Stil bei der Verbrechensbekämpfung lieben« wird. Auch Simon Cox von Banijay Rights, dem Vertriebspartner für die internationalen Rechte, ist sehr überzeugt, dass es ein »(potenziell) langlaufendes Franchise sein wird«.

Die Serie ist aktuell in Produktion. Ergebnisse sind frühestens 2025 zu erwarten, in Deutschland wahrscheinlich noch später.