Maigrets neue Stimme
Wer mal wieder Simenon-Geschichten vorgelesen bekommen möchte, wird im Herbst voll auf seine Kosten kommen. Ende Oktober bringt Der Audio-Verlag (DAV) zwölf Maigret-Geschichten heraus, die allesamt von Walter Kreye gelesen werden. Als hätte man mit den 33 CDs nicht schon genügend zu tun, gesellen sich noch einmal 21 Compact Discs mit Non-Maigret-Stoff dazu. Spielt da die 2-CD-Zugabe biographischer Natur noch eine Rolle?
Teile des Herbstprogramms des DAV sind also offengelegt. Interessant ist das für Simenon-Leser deshalb, weil damit ein Teil des Programmes des Kampa Verlags ebenfalls »verraten« sein dürfte. Die neuen Titel des DAV treten nicht nur mit neuen Vorlesern auf (obwohl Christian Berkel für Simenon-Zuhörer ein alter Bekannter ist), sondern es werden auch Übersetzer genannt. Teilweise werden auch neue Namen für die Titel eingeführt.
Die knalligste Überraschung indes dürfte sein, dass Geschichten veröffentlicht werden, die bisher in deutscher Sprache noch nie erschienen sind. Daniel Kampa macht sein Versprechen gleich zu Anfang wahr, die deutschen Leser mit Neuem von Simenon zu überraschen.
Chez Krull
Gelesen wird das Buch von Felix von Manteuffel, den man nicht nur aus Kino- und Fernsehproduktionen kennt, sondern der auch schon an einer ganzen Reihe von Hörspielen- und büchern gearbeitet hat. Bekannt dürfte er durch die Hörbücher zur Harry-Potter-Reihe sein. Der Titel selbst erscheint nun unter seinem Original-Namen, bisher war die Geschichte unter dem Titel »Der fremde Vetter« erschienen und gehört für mich zu den besten Non-Maigret-Romanen. Übersetzt wurde der Titel von Thomas Bodmer, einem Schweizer Autoren und Übersetzer. Erwähnt wird er im Zusammenhang mit kulinarischen Zeitschriften, als Mitarbeiter von »Der Rabe« und als ehemaliger Lektor des Diogenes-Verlages.
Der Schnee war schmutzig
Sebastian Rudolph war 2012 Schauspieler des Jahres, der die Kritiker mit seiner Faust-Darstellung überzeugte. Sein Faust erschien denn auch als Hörbuch. Der in Hamburg lebende Schauspieler liest auf sechs CDs den Roman »Der Schnee war schmutzig«, der nun von Kristian Wachinger übersetzt worden ist. Auch dieser Name ist in der Literaturszene nicht unbekannt: Wachinger hat jahrelang als Lektor beim Hanser-Verlag gearbeitet und dort unter anderem Elias Canetti herausgegeben. Ich will aber nicht ausschließen, dass die Verbindung komplett falsch ist, denn zu Übersetzungen konnte ich bisher nichts finden.
Das blaue Zimmer
Gelesen wird der Roman um eine außereheliche Beziehung, die – wir reden hier schließlich von Simenon – kein gutes Ende nimmt, von Wolfram Koch auf 5 CDs. Auch dieser Schauspieler hat schon zahlreiche Hörbücher gelesen. Er ist aber darüber hinaus bekannt als Theater-Schauspieler (Stationen: Berlin, Frankfurt und Bochum) und stellt den Kommissar Paul Brix im Frankfurter Tatort, der vom Hessischen Rundfunk produziert wird. Es wird bei der Übersetzung auf eine revidierte Fassung der Arbeit der beiden bekannten Übersetzer Barbara Klau undHansjürgen Wille zurückgegriffen.
Brief an meine Mutter
Dieser biographische Text von Simenon, den er drei Jahr nach dem Tod seiner Mutter schrieb, wird von Ulrich Noethen gelesen. Der renommierte Schauspieler ist neben seiner Arbeit als Theater- und Film-Schauspieler auch für seine zahlreichen Lesungen bekannt. Hier liest er eine Übersetzung von Melanie Waltz. Diese wiederum übersetzt seit den 80er Jahren Werke aus dem Englischen und Französischen und ihre Arbeit wurde mehrmals mit Stipendien und Preisen gewürdigt.
Das Rätsel der Maria Galanda
Christian Berkel, ein alter Bekannter in der Simenon-Vorlese-Welt, macht sich daran diese bisher dem deutschen Publikum vorenthaltenen Geschichten vorzulesen. Dabei geht es um einen Inspektor, der den Namen G7 trägt. Der Beschreibung nach bekam er diesen Namen aufgrund seiner roten Haare. Die Assoziation ist jetzt nicht mehr so leicht nachzuvollziehen. Die Kurzbeschreibung des Titels verrät dem Interessierten, dass damaligen Taxen vom Typ G7 rote Dächer gehabt hätten. Übersetzt wurde dieser Titel auch von Christian Wachinger. Auf der CD werden vier Geschichten gelesen.
Die Maigrets
»Der Alte« liest Maigret. Also genau genommen handelt es sich um einen alten »Alten«. Denn der der aktuelle Alte, der beim besten Willen als ein im Jahr 1962 Geborener kein »Alter« sein kann, hat den hier lesenden »Alten« 2012 abgelöst. Die Umstände waren damals, charmant formuliert, ein wenig unwürdig. (Und ich will nicht rumnörgeln, aber Siegfried Lowitz war der wahre »Alte« – beim Nachfolger konnte ich schon nicht mehr zuschauen und später, ich gestehe, waren die Freitagskrimis im ZDF für nicht mehr von Belang.) Es handelt sich um Walter Kreye, den man als neue Hörbuch-Maigret-Stimme bezeichnen kann. Alle zwölf Titel, die nun erscheinen, werden von ihm gelesen.
Es gibt einige Maigret-Geschichten, die werden mit neuen Übersetzern genannt:
Für die übrigen Titel werden im Augenblick bei Amazon als Übersetzer Barbara Klau und Hansjürgen Wille angegeben. Es handelt sich um diese Geschichten:
- Maigret zögert
- Maigrets Nacht an der Kreuzung
Bei »Weihnachten bei den Maigrets« würde es sich um eine Umbenennung handeln, denn bis dato hieß es »Weihnachten mit Maigret«.
[Update 6. Mai 2018 – Korrekturen im Text]
- Hinzugefügt: »Das blaue Zimmer«
- Zahl der veröffentlichten CDs korrigiert
- Bemerkung entfernt, dass die Verwendung von Klau-Wille-Übersetzungen unplausibel wären. Bestätigung bekommen, dass es plausibel ist.
[Update 10. Mai 2018 – Korrekturen im Text]
- Hinzugefügt: »Maigrets Nacht an der Kreuzung«
- Zahl der veröffentlichten CDs korrigiert
[Update 18. Mai 2018 – Korrekturen im Text]
- Korrigiert: »Das blaue Zimmer« erscheint ungekürzt, habe dies im Text korrigiert.