Hoffmann und Campe Frühjahr 2019

Neues aus Hamburg


Das Frühjahrsprogramm des Hamburger Hoffmann und Campe-Verlages steht. Der Verlag teilt sich mit dem Kampa Verlag die Arbeit, die großen Romane von Simenon herauszubringen. Der Schriftsteller ist dieses Mal mit vier Romanen im Programm vertreten. Unter den Geschichten ist aber keine, die man als Simenon-Liebhaber jetzt schon längere Zeit vermisst hätte. Alle sind in diesem Jahrzehnt schon mal erschienen.

Die Marie vom Hafen

Es steht nicht in meiner Beschreibung, aber ich fand diese Geschichte beim Lesen sehr schön. Manchmal wird so etwas noch gepuscht, wenn der erwähnte Titel in einer Gegend spielt, die man sehr mag. Für mich ist das damit ein Volltreffer.

Wenn man mich im nächsten Frühjahr jedoch vor die Wahl stellen würde: Möchtest du das Buch noch einmal lesen oder Dir mal den Film mit Jean Gabin anschauen - dann fiele mir die Wahl recht leicht. Ich würde mich für den Film entscheiden, denn der lief wohl seit Jahr und Tag nicht im Fernsehen und es gibt auch keine DVD-Veröffentlichung. Da tut es natürlich ein wenig weh, wenn in dem Prospekt der Film zwar erwähnt wird, aber ein falsches Veröffentlichungsjahr angegeben wird.

Die Übersetzung dieses Romans erfolgte durch Claudia Kalscheuer, von Christian Seiler stammt das Nachwort.

Der Mörder

​Von allen Non-Maigret-Romanen ist »Der Mörder« der Roman, der im deutschsprachigen Raum am häufigsten verlegt worden ist. Die Position hat er jetzt ausgebaut: Schon zum vierzehnten Mal erscheint eine deutsche Ausgabe.

Ein Jahr ließ sich der Arzt Hans Kuperus Zeit, bevor er zur Tat schritt. Er hatte einen Brief bekommen, in dem man ihn in knappen Worten mitteilte, dass seine Frau ihn mit dem stadtbekannten Schutter betrog. Dieses eine Jahr brauchte der Doktor, um sich über seine Schritte klar zu werden. Dann, an einem Februar-Tag, fuhr er nach Amsterdam, kaufte sich eine Waffe; kehrte nach Haus zurück und brachte Frau und Liebhaber um. Die Leichen verschwanden in einem Kanal und Kuperus kehrte nach Hause zurück, als wäre nichts gewesen.

Die Geschichte erscheint in der bisherigen Übersetzung von Lothar Baier, mit einem Nachwort von Judith Kuckart.

Schlusslichter

Vielleicht sollte man Bücher lesen, ohne vorher auf die Inhaltsangabe zu schauen. Zumindest bei Autoren, die man schon einigermaßen kennt und denen man traut. Also Simenon zum Beispiel. Die Wahrscheinlichkeit, enttäuscht zu werden, ist so groß nicht. Dieser Roman ist keiner, der aus der Art schlägt. Man muss also nicht befürchten, dass man es mit einer Humoreske oder anderweitig leicht bekömmlichen Stoff zu tun bekommt. Ich sage es mal so: Sobald man aus der Stadt heraus ist, wird man gefangen genommen: Nicht vor Reisebeginn anfangen zu Trinken: Das ist der Ratschlag, den man jedem Autofahrer geben kann. Steve hat sich an diese schlichte Weisheit nicht gehalten und deshalb endete die lange Fahrt nach Maine in einem Fiasko. Mit seiner Trinkerei, die er aus purem Widerstand gegen seine Frau Nancy beginnt, beginnt das große Abenteuer, dass seiner Frau beinahe das Leben kostet.

Auch hier haben wir es wieder mit einer vertrauten Übersetzung zu tun, die von Stefanie Weiss geliefert wurde. Das Nachwort stammt von Anita Brookner.

Die Zeit mit Anaïs

Fragt man jemanden, ob ihm dieses oder jenes Buch gefallen hat, dann ist die Antwort in jedem Fall eine Subjektive. Nur wenige Bücher kann man nach objektiven Gesichtspunkten beurteilen. Dazu würde ich Sachbücher zählen, wie auch Gesetzestexte. Womit mir wohl eine schöne Überleitung gelungen ist, denn mit der Justiz hat dieser Roman auch zu tun, ohne ein Gesetzestext zu sein.

Allerdings muss ich noch einmal kurz zurückkommen auf das subjektive: Das sagt mir, dass ich verlautbaren soll, dass dieser Roman unter den erschienenen Simenons der schwächste ist. Da hätte eine kurze Inhaltsbeschreibung auf dem Cover nicht geholfen. Es geht in der Geschichte um Folgendes: Philip Bauche bleibt mit seinem Wagen in einem Wald zwischen Paris und Orléans liegen. Ihm bleibt nichts anderes über, als in einen Gasthof zu gehen, ein paar Schnaps zu trinken und im Anschluss die Polizei zu rufen. Er hat einen Mord zu gestehen, den Mord an seinem Geschäftspartner Nicolas. Da er keine überzeugenden Argumente hat, die auf ein Verbrechen aus Leidenschaft hindeuten, muss er um seinen Kopf bangen.

Übersetzt wurde der Roman von Ursula Vogel, das Nachwort wurde von Antonio Muñoz Molina verfasst.

Reminder

​Es wird auch schon mal angekündigt, dass die Maigrets ab Herbst nächsten Jahres im Atlantik Verlag als Taschenbuch erscheinen werden.