Kampa Frühjahr 2020

Schon die 4. Season


Man wird das Gefühl nicht los, dass Daniel Kampa auf der Gewinnerseite des Verleger-Lebens steht. Erst startet er damit, mit einem noch nicht gegründeten Verlag die Rechte an Simenon zu erobern. Dann, der Verlag ist quasi noch im Baby-Alter, ist er mit einem Male der Verleger einer frischgebackenen Literatur-Nobelpreisträgerin. Verständlich, dass die neue Vorschau ganz im Glanze von Olga Tokarczuk steht.

​Bevor wir zum neuen Programm kommen, noch ein Blick zurück: Im November hätte der erste nicht literarische Band von Simenon erscheinen sollen. Der Bildband »Die Jahre mit der Leica« war angekündigt und mit einigem Interesse erwartet worden. Der Erscheintermin November hat wohl nicht ganz geklappt. Das Erscheinen ist bei den Buchhändler noch undatiert, auf der Webseite von Kampa steht, dass der neue Erscheinungstermin im Mai diesen Jahres liegen soll. Der Band, der mit einem Vorwort von William Boyd erscheinen wird, umfasst 200 Fotografien aus der Zeit von 1931–1935.

Im neuen Programm gibt es ebenfalls einen Band, der nicht direkt dem literarischen Werk von Simenon zuzuordnen ist. Im Jahr 1956 hatte Simenon einen Termin mit fünf Ärzten und lässt sich von diesen interviewen. In Buchform erschien diese Begegnung erstmals 1985 unter dem Titel »Simenon auf der Couch«, eine kleine Änderung im Titel ist auch hier mal wieder zu verzeichnen. Hinzu kommt, dass der nun in der Gesprächsreihe »Kampa Salon« erscheinende Band, um zwei weitere Gespräche ergänzt wird. Der Band ist ab dem 29. Mai lieferbar.

Jenseits von Maigret

Ein Mord erschüttert eine amerikanische Kleinstadt. In Spencer Ashbys Haus wird junge Bella tot aufgefunden. Das Mädchen wurde von den Ashbys aufgenommen, da Bellas Mutter auf Reisen war. Der Einzige, der an diesem Abend im Haus war, war Spencer Ashby. Der will mit dem Mord an dem Mädchen nichts zu tun haben. Ashby hat viel Mühe, die Polizei und den Untersuchungsrichter davon zu überzeugen, dass er in seinem Zimmer gewesen war und zur Zeit des Mordes arbeitete. Aber es ist eine Sache, die Behörden zu überzeugen. In einer solchen Kleinstadt gleicht ein solcher Verdacht einer Vernichtung, der man höchstens entkommen kann, wenn der wahre Täter gefunden wird. Oftmals reicht noch nicht einmal das. Simenons Thema ist nicht die Suche nach dem Mörder, sondern wie Ashby mit dem Druck zurechtkommt.

​Dieses Thema haben wir auch in dem zwanzig Jahre zuvor entstandenen Roman »Die Verlobung des Monsieur Hire«, der verdächtigt wird, eine Prostituierte umgebracht zu haben. Gern geraten bei solchen Ermittlungen Außenseiter in den Verdacht, zum Beispiel Sonderlinge wie Hire oder Fremde oder Ausländer – wie Simenon es in späteren Jahren in »Chez Krull« und »Maigret bei den Flamen« ebenfalls thematisierte. Hire ist das ideale Opfer, denn nichts an seiner Persönlichkeit kann die Menschen für ihn einnehmen. Man beobachtet ihn in der Geschichte, wie er wie ein Kleinkind, welches das Schwimmen noch nicht erlernt hat, ins Wasser fällt und dann von einem Strudel erfasst wird.

Die Übersetzung von »Bellas Tod« erfolgte durch Elisabeth Serelmann-Küchler, ist mit einem Nachwort von Simone Buchholz versehen und erscheint am 22. Januar; die Geschichte um Monsieur Hire ist eine Neuübersetzung durch Grete Osterwald, kommentiert wird es durch Christian Petzold und erscheint am 29. Mai. Die Geschichte wird auch als Hörbuch im Audio Verlag erscheinen.

​Dann wäre da noch der kleine Doktor. Die Ankündigung dessen ist keine große Überraschung, gehörten die Erzählungen schon jetzt zum übersetzten Œuvre des Autoren. Der Band mit dem Titel »Der Spürsinn des kleinen Doktors« enthält vier Fälle und ist eine von Julia Becker überarbeitete Übersetzung (ursprünglich, Sie werden es nicht erraten: Hansjürgen Wille und Barbara Klau). Mindestens ein Band wird also noch folgen, damit die Fälle wieder komplett sind. Wer es lieber vorgelesen bekommen will, kann sich freuen, es gibt das Ganze auch als CD vom DAV. Aber, und hier kommt jetzt Freude auf, wird die Gelegenheit genutzt, um uns die Agentur 0 für den Herbst diesen Jahres und Richter Froget für den Herbst nächsten Jahres anzukündigen. Ein Jahr später, und da weiß ich nicht, ob man sich wirklich freuen soll, wird es auch Joseph Leborgne wieder ans Licht der Verlagswelt schaffen, der aus »Man lernt nie aus« bekannt ist. Hier gab es 1964 eine Ausgabe, aber es wurden meines Wissens nie alle Geschichten publiziert.

Diesseits von Maigret

Eine entzückend reizende Geschichte ist in der Vorschau zu finden: Es wird von einer Dame berichtet, die sich an den Verlag gewandt hat, weil sie wissen wollte, wann denn »Maigret lässt sich Zeit« erscheinen würde – ihr Exemplar hätte unter ausgekippten Kaffee gelitten. Das kommende Programm, so war die Antwort, würde den Roman noch nicht bringen. Darauf hätte die Dame erwidert, dass sich Maigret tatsächlich Zeit ließe – aber hoffentlich nicht zu viel, sie sei schon 91 Jahre alt. Nun erscheinen zwar bis Ende 2021 alle Maigret-Romane, man hat sich aber entschlossen, »Maigret lässt sich Zeit« auf den Herbst vorzuziehen. Wenn das keine schöne Geschichte ist, dann weiß ich auch nicht…

​Weitere zwölf Bände mit Maigrets erwarten uns im nächsten Halbjahr, darunter befinden sich zwei Neuübersetzungen (bei den anderen handelt es sich um grundlegend überarbeitete Übersetzungen) sowie um einen Retro-Titel. Letzterer ist diesmal »Maigret und der geheimnisvolle Kapitän« und der Stil unterscheidet sich vom Cover-Stil der bisher erschienenen Retro-Titel. Bei den Neuübersetzungen handelt es sich um »Maigret und die kleine Landkneipe« und »Maigret in der Schule«, der früher unter dem Titel »Maigret und die schrecklichen Kinder« erschien – eine längst fällige Umbenennung, wenn man mich fragt. (Den Text zu dem Roman, in dem sich über die Tatsache schon echauffiert wurde, muss noch geändert werden.) Eine kleine Namensänderung ist beim Neufundlandfahrer-Roman zu verzeichnen, bei der man nun auf ein »beim« zurückgriff.

​In chronologischer Reihenfolge sieht der Erscheintermin für die Maigret-Hardcover so aus:

25. März

»Maigret und das Dienstmädchen« (Übersetzung: Hansjürgen Wille, Barbara Klau und Bärbel Brands)

»Maigret und die braven Leute« (Übersetzung: Hansjürgen Wille, Barbara Klau und Mirjam Madlung)

»Maigret in Kur« (Übersetzung: Hansjürgen Wille, Barbara Klau und Bärbel Brands)

30. April

»Maigret in der Schule« (Übersetzung: Elisabeth Edl und Wolfgang Metz)

»Maigret und die kleine Landkneipe« (Übersetzung: Rainer Moritz)

29. Mai

»Maigret und die alten Leute« (Übersetzung: Hansjürgen Wille, Barbara Klau und Regina Roßbach)

»Maigret beim Treffen der Neufundlandfahrer« (Übersetzung: Hansjürgen Wille, Barbara Klau und Mirjam Madlung)

»Madame Maigrets Freundin« (Übersetzung: Hansjürgen Wille, Barbara Klau und Bärbel Brands)

»Maigret und der geheimnisvolle Kapitän« (Übersetzung: Hansjürgen Wille, Barbara Klau und Julia Becker)

12. Juni

»Maigret als möblierter Herr« (Übersetzung: Hansjürgen Wille, Barbara Klau und Julia Becker)

»Maigret und die alte Dame« (Übersetzung: Hansjürgen Wille, Barbara Klau und Mirjam Madlung)

»Maigret und der faule Dieb« (Übersetzung: Hansjürgen Wille, Barbara Klau und Regina Roßbach)

Wie immer werden alle Geschichten auch als Hörbuch beim DAV erscheinen, die Termine unterscheiden sich allerdings ein wenig.