Da hatte einer nachgerechnet! Das Buch und die Hörspiele nach der Geschichte »La guinguette à deux sous« liefen als »Maigret und die Groschenschenke«. Warum eigentlich? Ganz einfach: Den Sou gab es als Währung in Frankreich schon seit 1795 nicht mehr, aber im Volksmund galt er für das 5-Centime-Stück. Die zwei Sous aus dem Originaltitel ergaben einen Groschen.
Lagrange, der dicke Mann aus der »Revolver«-Geschichte, wurde in eine Decke gehüllt abgeführt. Nicht ohne Gegenwehr. Auch Ernestine Jussiaume hatte bei der ersten Begegnung mit dem Kommissar ihre eigenen Vorstellungen und es brauchte sanften Druck, um sie zum Mitkommen zu bewegen. Im Hörspiel nutzte Maigret eine Trillerpfeife – überhaupt nicht zu ihm passend.
Hätte nur einen Tag warten müssen, dann hätte sich die vorherige Einleitung von selbst erübrigt. In der wurde die Fragestellung angeschnitten, ob das »und« im Serien-Titel für die Redaktion ein Problem dargestellt hätte. Wie man an »Maigret und seine Skrupel« sieht, stellte dieser Aspekt ein solches nicht dar. Die Redakteure hatten keine Vorbehalte, den Hörspiel-Titel anzupassen.
Wie auch das Gelbe-Hund-Hörspiel ist dieses Stück nach dem Roman »Maigret und sein Revolver« aus der Serie des Bayerischen Rundfunks, die damals unter dem etwas komischen Reihen-Name »Maigret und ...« lief. Das hat bei den sechs Adaption vom Titel ganz gut geklappt. Hoffentlich wurde Reihe nicht aufgegeben, weil Konflikte bei zukünftigen Titeln erwartet wurden.
Der Bayerische Rundfunk stellte eine Reihe von Hörspielen zum Download bereit – darunter auch eine Produktion des eigenen Hauses aus dem Jahr 1961. Die Regie führte Heinz-Günther Stamm, das Drehbuch stammte von Gert Westphal – der das Stück ebenfalls produziert hatte: ein paar Monate zuvor für den Südwestfunk. Maigret wurde in dieser Produktion durch Paul Dahlke gesprochen.
Kurz den Tastaturbefehl für die Suche auf einer Webseite gedrückt, »Simenon« eingegeben (warum habe ich das eigentlich nicht auf einem Kurzbefehl?), dann die Enter-Taste gedrückt. Sieben Ergebnisse. Wow! Was passiert hier? Das erste Suchergebnis angesprungen und verwundert die Augen gerieben: »November«? Warum denn ausgerechnet diese Geschichte?
Die neue Hörbuch-Box »Maigret. Die raffiniertesten Fälle« (DAV) enthält drei Hörspiele, die auf frühe Simenon-Geschichten zurückgehen: »Einbruch auf dem Boulevard Beaumarchais«, »Die Herberge der Ertrunkenen« und »Hotel Nordstern«. Die kleingedruckten Hinweise auf den Beilage-Zetteln geben nähere Auskunft über die Erstausgaben.
Ganz gezielt habe ich das beste Hörspiel der Box an das Ende gesetzt. Nein, das ist gelogen. Das längste Hörspiel einer solchen Kompilation, das war mir klar, wird der Höhepunkt sein. Nein, das flunkere ich schon wieder! Mit Madame Maigret im Mittelpunkt kann nichts schief gehen, als Maigret-Spezialist weiß man das. Die Lügen werden immer frecher ...
In die Kategorie »Raffinierte Fälle« passt dieses Hörspiel so gar nicht, denn es wird kein Verbrechen aufgeklärt. Hier geht es darum, dass der Monsieur Maigret einige Dinge gerade rücken möchte, die Simenon über die Jahre in einem falschen Licht darstellte. Er war im Ruhestand und hatte die Zeit, endlich ein paar Lücken in der Bio zu schließen.
Das war die klassische falsche Fährte, die hier mit dem Titel ausgelegt wurde. »Beaumarchais« im Titel einer Simenon-Erzählung, woran denken die geneigten Leser:innen wohl? Genau, an »Die Affäre vom Boulevard Beaumarchais«. Aber die Affäre zusammen mit einem Einbruch: Das war nicht stimmig und hätte mich skeptisch machen müssen.
Draußen scheint die Sonne, die Schneeglöckchen haben sich schon wieder verabschiedet, zartes Grün ist stellenweise zu erkennen und mutig habe ich die Winterjacke weggepackt. Der beste Zeitpunkt, um ein paar Worte über das aus den 80er-Jahren stammende Weihnachts-Hörspiel zu verlieren und nicht zu übermütig im Freien herumzutollen.
Beim Anhören des dritten Falls der »Raffinierte Fälle«-CD betrachtete ich das Cover der CD genauer. Die Übersetzung, so war dort zu lesen, erfolgte durch Hansjürgen Wille und Barbara Klau. Als Copyright wurde 1975 angeben. Das ist an sich stimmig. Aus der Zeit stammen die Maigret-Sammelbände von Heyne und Kiepenheuer & Witsch.