Maigret hatte in Brüssel, wo er sich aus dienstlichen Gründen aufgehalten hatte, in einem Café einen Mann beobachtet, der ärmlich aussah und trotzdem Tausend-Francs-Scheine zählte. Er entschloss sich, den Fremden zu verfolgen. Dieser fuhr über Amsterdam nach Bremen. Unterwegs tauschte Maigret den Koffer des Mannes – er hatte sich in Brüssel einen Koffer gekauft, der dem des Mannes aufs Haar glich, allerdings nur Zeitungspapier enthielt. Als der Mann den Koffer in seinem Hotelzimmer öffnete und seinen Verlust begriff, erschoss er sich.
So viele lose Fäden – doch an welchem beginnt man zu ziehen? Der Roman »Die Verbrechen meiner Freunde« macht es einem nicht leicht. Angefangen bei der Frage, warum Georges Simenon die Bezeichnung »Freunde« im Titel verwendete, über »Nanesse« bis hin zu dem im Mittelpunkt stehenden Hyacinthe Danse. Hinzu kommt der Abgleich von Realität und Fantasie.
Erst ein spätes Treffen in einem Café, wobei der Einladende nichts sagte. Auf dem Heimweg wollte Maigret jemand eine Kugel auf den Pelz brennen. Er wünschte sich, es würde besser laufen. Am nächsten Tag ging er in der Früh über den Square d’Avroy. In der Übersetzung heißt es: »[...] des Square d’Avroy, den Maigret gerade überquerte [...]«. Da wurde dem Übersetzer wohl ein Bär aufgebunden.
Maigret hatte einen Brief in sein Lütticher Hotel bekommen. Der sehr geehrte Herr Kommissar, so stand es in dem Schreiben, möge sich doch bitte in dem Café de la Bourse hinter dem Théâtre Royal einfinden. Sehr interessante Neuigkeiten zu dem Fall könnten überbracht werden, hieß es dort. Für Maigret war das berufsbedingt spannend. Und wir finden noch ganz andere Aspekte ...
Ein Hotel an einem Bahnhof zu eröffnen, es sei denn, es handelt sich um einen kleinen Weiler, war immer eine gute Idee. Mit der Namensgebung mussten sich die Hoteliers nicht anstrengen. Viele nannten ihre Etablissements »Hotel zur Eisenbahn« oder in Frankreich »Hôtel du Chemin de Fer« – in zahlreichen Variationen. Die Gäste wussten intuitiv, wo sie ihre Bleibe zu suchen hatten.
Was für ein Ritt! Nach dem Lesen dieses Kapitel musste ich schauen, ob Simenon wirklich die übliche Seitenzahl »eingehalten« hatte. Geht es anfangs beschaulich um Nachbarn in Lakeville, wechselt Simenon im Verlauf zu seinen Eskapaden in New York und einer Love Boat-Überfahrt nach Europa, um schließlich seine triumphale Ankunft in Frankreich zu beschreiben.
Über den Film selbst ist an dieser Stelle erst einmal wohl alles gesagt worden. Die Varianten für das häusliche Filmvergnügen sind nun herausgekommen. Ich habe einen Blick auf die DVD-Variante geworfen, denn interessant ist in erster Linie die Ausstattung, die über den Hauptfilm hinausgeht. Das wird kein sehr langer Blick, denn das Bonus-Material der DVD ist etwa vierzig Minuten lang.
Wer, frage ich mich, verschickt eine Ansichtskarte, auf dem ein Gefängnis abgebildet ist? Die Frage stellt mich vor ein Rätsel. Die Eltern, die den Verwandten mitteilen wollen, dass »Söhnchen im Augenblick gut untergebracht ist«, oder waren es die Insassen, die Freunden schreiben wollten, dass »sie vor dem Gebäude am Soundsovielten abgeholt werden wollten«. Völlig unklar.
Leser:innen dürfte an Kriminalgeschichten unterschiedliche Aspekte interessieren. Manchmal ist die Frage, wie der Fall aufgeklärt wird. Oft natürlich auch, wer die Tat verbrochen hat. Und wenn die Aufklärung erfolgt ist, ist es schon interessant zu erfahren, wie es mit der Täterin oder dem Täter weitergeht. Simenon führt seine Geschichten recht oft über die eigentliche Auflösung hinaus.
Dies wäre die Gelegenheit, ein Loblied auf meine Volksbank zu singen – aber wen würde das interessieren? Diejenigen, die sich bei Google über die Bank auslassen, die sich unmittelbar hinter der Königlichen Oper von Lüttich befindet, klingen sauer und bezeichnen den Service des Instituts als kafkaesk. Zu Simenons Zeiten war dort übrigens kein Geldinstitut beherbergt.
Geht natürlich nicht, wie jeder Kenner der Ratespiele des deutschen Fernsehens unschwer erkennen wird. Ist ja schließlich ein Konsonant! Das »k« würde ich trotzdem gern haben und zwar für die Straße »Rue Puits-en-Sock«, welche im Lütticher Viertel Outremeuse zu finden ist. Warum das sowohl in französischen wie auch deutschen Ausgaben fehlerhaft ist - ein Rätsel!
Jahreszahlen sind in der Geschichte um die beiden jungen Männer René Delfosse und Jean Chabot, die in eine Affäre im Lütticher »Gai-Moulin« verwickelt sind, nicht zu finden. Ob absichtlich oder nicht, wirft Simenon den Interessierten Leser:innen aber trotzdem einen Brotkrumen hin, der es ermöglicht, zumindest einen Zeitraum für die Geschichte festzulegen.