Zum Haare raufen! In Paris wurde ein Mann aufgegriffen, der nicht wusste, wer er war. Er wies eine Kopfverletzung auf, die den Gedächtnisschwund erklärte. Andererseits war die Wunde fachmännisch behandelt worden. In mühsamer Arbeit und mit viel Ermittler-Glück bekam die Polizei heraus, wer der Mann war. Maigret begleitete den ehemaligen Kapitän mit seiner Hauswirtschafterin nach Hause. Dort wurde der Mann kurz darauf umgebracht.
Grandmaison und Maigret hatten schon auf die Ankunft von Madame Grandmaison gewartet, die aus Caen nach Ouistreham kommen sollte (oder wollte). Indes sie kam nicht, sondern nur der Chauffeur, der berichtete, dass der Madame während der Autofahrt schlecht wurde und sie deshalb an einer Kreuzung ausgestiegen war. Stutzig wird man als Leser vielleicht, wenn man hört, wo die Madame ausstieg.
Letztlich hat Maigret Glück gehabt, er war durch Calvados und Schiedam schon ein wenig aufgewärmt. Aber in einer stürmischen Nacht verschnürt auf einer Mole abgelegt zu werden, gehörte sicher nicht zu den beruflichen Highlights des Kommissars. So war es Glück, dass ein Fischer vorbeikam und den Kommissar entschnürte, auch wenn er skeptisch war. Hier haben wir einen Blick auf den Fischereihafen von Ouistreham.
Der Kommissar ist ein wenig frustriert. Da steht er vor dem Bürgermeister, Fabrikanten und Seemann und jeder von ihnen könnte Dreck am Stecken haben, nur nachweisen kann er ihnen das nicht. So kommt der Schluss: »Juristisch belangen konnte man keinen von ihnen!«. Also Krimi-Leser und -Gucker denkt man sich an der Stelle: »Moment mal! Was ist denn mit dem ältesten Polizisten-Trick der Welt? Kennt Maigret den nicht?«
Der Wirt aus dem Hôtel de l'Univers war ein aufmerksamer Zeitgenosse, der seinen Gast – Maigret – darauf hinwies, dass Julie sich gerade auf einen Spaziergang machte. Das Wetter war dafür nicht ideal, und Spaziergang ist vielleicht nicht das richtige Wort, denn sie »eilte«. Als Ortskundiger konnte der Wirt auch fundierte Vermutungen äußern, wo das Dienstmädchen hin möchte. Maigret ist interessiert und folgt.
Erstaunlich ist der Komfort-Zuwachs beim Telefonieren über die letzten hundert Jahre. Wenn man sich überlegt, dass man früher durch die Strippe des Telefonapparates fixiert war; das davor nicht jeder einen Telefonanschluss hatte und noch ein wenig früher man das Gespräch immer vermittelt bekommen musste, ist das heutzutage schon toll, dass man an fast jeder Ecke telefonieren kann. Es hat nichts Exotisches.
Schon für damalige Verhältnisse war Ouistreham einen Katzensprung von Caen entfernt. Ein Verdächtiger machte sich von dem Hafenort aus mit dem Fahrrad auf den Weg nach Caen und sollte für die zwölf Kilometer etwa eine halbe Stunde gebraucht haben. Für den öffentlichen Nahverkehr gab es vielleicht Busverbindungen, obwohl davon nicht die Rede ist, sondern eine Kleinbahn. Diese fuhr nur tagsüber.
Riskiert man einen Blick auf die Karte und betrachtet sich Ouistreham, stellt man schnell fest, dass – wie es Simenon beschrieben hat – der Ortskern auf der einen Seite des Kanals liegt und der Leuchtturm auf der anderen. Deshalb musste der Kommissar auf seinem Weg zwischen dem Tatort und der Kneipe beziehungsweise des Hotel über die Schleuse marschieren. Das ist heute noch nachvollziehbar.
Grande Rue. Mitten in Ouistreham. In der Geschichte wird nicht erwähnt, dass Maigret in der Grande Rue gewesen wäre. Ich hätte jetzt noch nicht einmal herausgelesen, dass Maigret beim Bürgermeister-Amt oder bei der örtlichen Polizei gewesen wäre, die sich beide am Ende der Straße befinden. Dann hätte er zumindest einen kleinen Blick in die große Straße werfen können. Eigentlich schade.
Ein guter Seemann, sagte man, könnte er werden, gar Offizier oder Kapitän. Allerdings war er auch jähzornig und unbedacht, wenn er Alkohol getrunken hatte, umso mehr und die Tatsache, dass er einen Polizisten umgebracht hatte – im Suff – würde ihm noch sein Lebtag anhängen. Julie Legrand hatte so manche Sorge was ihren Bruder anging und ersuchte deshalb in einer Kapelle, um göttlichen Beistand zu erbitten.
Da irrt ein Mann durch Paris und nimmt sich einfach Sachen aus den Auslagen der Geschäfte, deren Besitzer nach der Polizei rufen. Maigret ist vor Ort und stellt fest, dass der Mann eine Kopfwunde hat, die erklärt werden sollte. Der Kommissar nimmt den Mann, der also nicht nur eine komische Wunde hat (auch wenn sie gut verheilt ist) und sich komisch verhält, mit. Der Fremde kann nicht verraten, wer er ist. Er spricht nicht.
Liest man nur und folgt der Geschichte, dann hat man wenig Probleme. Untersucht man jedoch den Text, dann bleibt man an Wörtern hängen, die man ansonsten übersprungen oder hingenommen hätte. Das Problem verschärft sich, wenn man ein Register aufbaut. In dem Fall lässt sich ein Wort nicht einfach beiseite schieben, sondern gehört untersucht, denn es soll richtig einsortiert werden.