Vor nicht allzu langer Zeit wurden hierzulande Verkehrsschilder geändert. Von dem Hinweiszeichen für Bahnübergänge verschwand die dampfende Lok, da diese heute im »Schienenbild« nur marginal vertreten sind. Richtig so, aber wie schaut es auf Buch-Covern von Maigrets aus? Auf der Red Eye-Ausgabe des Bergerac-Romans wurde Maigret mit einer Elektro-Lok abgebildet.
Vor ein paar Tagen las ich ein Interview, welches John Simenon gab. Verfilmungen waren auch ein Thema und Simenons Sohn sagte sinngemäß, dass für ihn originalgetreue Verfilmungen kein Muss wären. Wichtig wäre, dass die Rahmenhandlung und Entwicklung der Hauptfiguren zu erkennen wäre. Selbst unter diesen wahrlich lockeren Kriterien als Maßstab, bleibt die Geschichte mit Rupert Davies hinter der Vorlage weit zurück.
Maigret lag immer noch im Bett und sinnierte über den Fall des Verrückten nach. Er hatte mittlerweile einiges herausgefunden, über die Umstände der Tat und, um hier nicht zu spoilern, hört die Geschichte über den Verrücken von Bergerac an der Stelle auch schon auf. Es ist eine Telefonnummer, die man als Auslöser für den folgenden Eintrag betrachten kann. Paris Archive 11467. Maigret interessierte, wer dahinter steckte.
Manches in den Büchern von Simenon wirkt sehr, sehr altmodisch. Mir fiel das neulich schon in »Das blaue Zimmer« auf, denn die Statements in Bezug auf Männer und ihr Verhältnis zur Sexualität und Treue waren irritierend. Nun stolperte ich bei der Lektüre von »Maigret und der Verrückte von Bergerac« gehörig. Erster Stein des Anstoßes war eine Voraussage von Maigret, wer zu einer Zeugenzusammenkunft kommen würde.
Es ist manchmal zum Verzweifeln: Da wird zwei von drei Opfern der Name verweigert, sie sind einfach nur das Mädchen und das Zimmermädchen. Was aber das Hotel angeht, da gab sich Simenon richtig Mühe, dem interessierten Leser Sand in die Augen zu streuen. Ich habe in Frankreich auch schon in Hotels gewohnt, die den Namensbestandteil »Angleterre« trugen, was mir immer ein Rätsel war: Gab es da nicht Antipathien?
Da gibt es über hundert Maigret-Geschichten und mit den Maigret-Geschichten werden auch zahllose Figuren von Simenon ein- und abgeführt. Manchmal tauchen Namen unverhofft wieder auf und da fragt man sich: »Ist das die gleiche Person wie in der Geschichte XYZ?« Die Frage ist oft sehr schwer zu beantworten, manchmal aber auch recht einfach. Den letzteren Fall habe ich jetzt mit dem Polizisten »Leduc« gehabt.
Die Ehefrau ist im Elsass bei ihrer Schwester, die vor der Niederkunft steht – Maigret ist erstaunt: drei Kinder in vier Jahren. Es wird also ordentlich für Nachwuchs gesorgt, der später den Onkel beschäftigen kann. Man hört von ihnen, das hier nur am Rande, aber erst als sie schon im Erwachsenen-Alter sind. Als Kinder wurden sie nicht nach Paris zu Tante und Onkel geschickt. Aber hier geht es um eine Zugfahrt.
Ein zweifelhaftes Vergnügen für Maigret. Er wird in Bergerac für einen langgesuchten Mörder gehalten und darf ein Verhör der gesamten Prominenz der Stadt über sich ergehen lassen. Im Anschluss macht er sich noch beliebter, in dem er die Ermittlungen vom Krankenbett aus führt. Madame Maigret, genauso glücklich wie die Stadtoberen, darf für den Kommissar Handlanger-Dienste verrichten – seine Pflege, weswegen sie eigentlich angereist war, steht hintenan.