Affären verblassen und so wie heute kaum noch jemand um die Affären, die vor zwanzig Jahren aufgedeckt wurden, redet, so schnell verblasste auch die Erinnerung an die Affäre »Stavisky« in Frankreich, obwohl sie ein ganz großer Aufreger war. Simenon fühlte sich noch einmal als Journalist berufen und schrieb eine Artikelserie zu dem Skandal.
Würde man die Situation als albtraumhaft für François Lecoin bezeichnen, so träfe man den Nagel auf den Kopf. Aber vielleicht war es ja auch noch schlimmer? Seine Frau Germaine war verstorben und er hatte keinen Centime in der Tasche, wusste weder wie er seine Frau beerdigen sollte noch wie er für seinen Sohn Essen beschaffen sollte. Hilfreich war es da nicht, dass auch noch sein heruntergekommener Bruder vor der Tür stand. Aber Lecoin hatte eine Idee, die ihn auf einen erfolgreichen Pfad führen sollte, allerdings nicht auf den Pfad der Tugend.
Bevor es düster wird, fange ich mit einem beschwingten Thema an: Simenon lässt sich zu Beginn des 41. Kapitels darüber aus, wie wohl er sich auf der Shadow Rock Farm fühlte und wie sehr ihn Land und Leute faszinierten. In seinen Worten: Er war zu Hause. Das Gefühl hatte er lange Zeit nicht mehr gehabt, schon gar nicht in Amerika. Aber nun war er bereit, sich einbürgern zu lassen.
An einem angenehmen Ort, zu Berlin gehörend, beschloss eine Runde von Herren, dass es Zeit wäre, die Judenverfolgung zu systematisieren. In den darauffolgenden Jahren zeigten sie, dass ihre Beschlüsse mit eine Effektivität umgesetzt werden konnten, die erschreckend beispiellos war. Auch in Frankreich zeigte das Folgen, dank williger Helfer.
Manchmal verliert man sich in Recherchen und springt von einem Thema zum nächsten, stellt fest, dass das alles fürchterlich interessant ist und aber so gar nichts mit Simenon zu tun hat. Oder der Ausgangs- oder Endpunkt sind nur durch einen ganz dünnen Faden mit dem Schriftsteller verbunden. Soll man die Überraschungen nun für sich behalten? Nöö.
Konkrete Politik spielt im Werk von Simenon so gut wie keine Rolle. Politiker als Typus tauchen immer mal wieder auf, man weiß jedoch nicht, wofür sie stehen oder was sie politisch wollen – das spielt keine Rolle. Was zeichnet sie dann aus? Im Falle Maigrets geht es meist um einen Gefallen, der erledigt werden soll, oder um die Beruhigung der Öffentlichkeit, damit die Popularität der Regierung oder des Politikers nicht leidet.
Bei einem so umfangreichen Werk wie dem von Simenon, kann man zu allem und jedem Bezüge herstellen. Das ist recht dankbar. Seit einiger Zeit geistert das Thema »Brexit« durch die Medien und die Politik. Okay, das ist wohl die Untertreibung des Jahrhunderts und wenn es einen Preis dafür gibt, können Sie mich dafür nominieren. Ich nehme das dankbar an und bedanke mich bei allen meinen Unterstützern ... Moment!
Simenon hatte sich vorgenommen ein Interview mit Trotzki in Konstantinopel zu führen und der Politiker hatte ihm diesen Wunsch erfüllt. Die Reportage ist das Ergebnis der Bemühungen.
Maurice Dudon greift einen jeden Freitag, manchmal auch schon ein paar Tage vorher, in die Kasse seines Chefs, um an diesem Freitag, seinem einzigen Vergnügen zu fröhnen. Der Buchhalter fuhr dazu in die Rue Charon, in dem es ein Haus gab, in dem Mädchen sich für Geld hergaben. Das war das Vergnügen des Maurice Dudon.
Das war aber auch alles, so muss man es ganz hart formulieren: Es war ein trostloses Leben, welches der Mann führte. Eine miese Wohnung in einer farblosen Umgebung, keinerlei Freunde und Kollegen, die ihn nicht mochten. Was für ein Leben?
Da bringt ein Unfall ein wenig Abwechslung in das Geschehen.
Wenn das Wort »wenn« nicht wäre... Dann müsste man wohl darüber spekulieren, was in Furnes passiert wäre. Aber der Bürgermeister traf auch an dem Abend, an dem sein Angestellter Claes zu ihm kam, um ihn um einen Vorschuss zu bitten, seine Entscheidungen mit einer Kälte und Eindeutigkeit, wie man sie von ihm gewohnt war. Daraufhin konnte der junge Claes nicht mehr zurück, und die von Simenon aufgeschriebene, rein fiktive Geschichte, nimmt seinen Lauf.
Was sollte man als alter Mann, der die Schlüsselpositionen der Republik bekleidet hatte, tun, wenn jemand nach der Macht griff, der Dreck am Stecken hatte? Für den Alt-Präsidenten war die Frage klar: Er wollte verhindern, dass sein Gegenspieler den Posten des Premierministers übernimmt. Er wusste, dass er ein Geständnis in der Hand hatte; der Ministerpräsident in spe wusste das auch - holte er sich die Absolution oder ging der Möchtegern-Premier das Risiko eines Eklats ein?
Gram kam auf in der Familie Maigret. Der Kommissar hatte bei einem Dienstaufenthalt einen Revolver geschenkt bekommen. Nachdem ein junger Mann in der Wohnung der Maigrets aufgetaucht war und auf den Ermittler warten wollte, bis dieser heimkehrt; dieser junge Mann dann ohne große Worte wieder verschwand, war auch der Revolver weg. Die Vermutung lag nahe, dass es sich jetzt um einen jungen Mann mit Waffe handeln würde, der irgendwelche Dummheiten ausheckte. Maigret und seine Frau sind sehr beunruhigt.