Die Mittelmeerküste Frankreichs hat seine Reize. Doktor Mahé hatte gehört, dass es auf Porquerolles schön sein sollte. Das hatte ihm ein Freund erzählt. Er stornierte das gewohnte Urlaubsdomizil und verbrachte die Familie auf die Insel. Die Frau war sprachlos; die Mutter schaute fassungslos zu, ohne es groß zu kommentieren – was soll man von einem Mann erwarten, dessen Vater sturzbetrunken versucht hatte, ein Pferd zu heben und dabei umkam? Nicht nur der Familienvater war enttäuscht von diesem Urlaub und trotzdem kehrten sie im darauffolgenden Jahr zurück. Was war passiert?
Im sechsunddreißigsten Kapitel seiner Memoiren erzählt Simenon, wie die Scheidungsmodalitäten von Tigy finalisiert wurden. Auf den Ehevertrag, der mit Denyse abgeschlossen werden sollte, geht Simenon nicht weiter ein. Wieder einmal stand einer Haushaltsauflösung vor der Tür und Simenon hatte sich von einigem zu trennen. Sie sollte es weitergehen?
Spione müssen sich auch hin und wieder mal erholen. Belesenere unter ihnen greifen dabei gewiss zu einem belletristischem Werk. Wenn diese sich darauf verlassen würden, was in einer Erzählung – zum Beispiel von Georges Simenon – steht und es weiter melden würden, da wären sie schlecht beraten. Mal ganz ehrlich: Irgend einem Geheimdienst wird das wohl mal widerfahren sein.
In den Geschichten, die um Porquerolles herum spielen, lässt Simenon seine Figuren sehr viel Angeln. Es ist erstaunlich, was er seine Figuren aus dem Wasser holen lässt und zeigt, dass sich der Schriftsteller in dem Metier gut auskannte. Ich nehme das hin, da mich an Fischen nur zwei Sachen interessieren: Sind sie hübsch oder haben sie Gräten?
Wundern muss es nicht, schließlich steht ein Mediziner im Mittelpunkt dieser Geschichte um die merkwürdige Inselleidenschaft: Da werden Lesende zwangsläufig mit Tod, Verderben und Siechtum konfrontiert. Am Anfang des Romans steht das Ableben von Anna Klamm, gefolgt von den Krankheiten die Mahés Freund Armand pflegte, bis zur Mutter des Arztes.
Porquerolles hatte eine merkwürdige Wirkung auf manche Menschen. Einer, der wusste wovon er sprach, war ein ehemaliger Zahnarzt. Der im Roman namenlos bleibende Mediziner hatte ein Wort für das Symptom erfunden: »Porquerollitis«. Er litt unter dieser »Krankheit« und hatte nach seinem ersten Aufenthalt nur noch einmal die Insel verlassen: um seine Praxis aufzulösen.
Irgendein Geburtstag war es. Der von der Oma oder dem Opa und meiner Tante. Nach dem Abendbrot kamen Erdnussflips und Schnapspralinen auf den Tisch. Wie alt war ich? 12, 13 – ich weiß es nicht genau. Ich machte weder vor dem Knabberkrams noch vor den Pralinen halt, niemand hinderte mich. Danach ging es mir gar nicht gut!
Will man Geschichten lesen, wie sie heutzutage in Soaps gezeigt werden, dabei jedoch seinen arte-Nimbus nicht verlieren, so kann ich die alten griechischen Sagen empfehlen. Da wird alles geboten! Das Gute und das Böse, das Hässliche und das Schöne und alles immer im Superlativ. So kann eine Untergöttin auch nur »Die Glänzende« heißen und nicht anders.
Porquerolles hat heute etwa 300 Einwohner. Man kann gut davon ausgehen, dass in den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts nicht mehr Menschen auf der Insel gelebt haben. Wenn dann innerhalb einer Woche drei Frauen verschwinden – auf einer Insel – und nicht wieder aufgefunden werden, kann man sich gut vorstellen, dass die örtliche Polizei sich Hilfe bei Experten holt. Ein Fall für G7.
Es erscheint einem wie ein Widerspruch, dass die Ärmsten der Armen in Hotels absteigen, weil sie sich eine Wohnung nicht leisten können. Das wäre heute ein Ding der Unmöglichkeit. Das Konzept leuchtet aber ein: Kleine, nicht gepflegte Zimmer, die sich als Wohnung nicht eignen, an Bedürftige zu vermieten. Um denen dann das Kochen auf dem Zimmer zu verbieten. Gerade denen, die sich ein warmes Essen außerhalb nicht leisten können.
Wer auf's Meer fährt um zu Angeln, sucht Ruhe und Erholung – Profis haben auch ihren Lebensunterhalt im Sinne. Boussus war aber keiner, der auf dem Wasser arbeiten musste. Er genoss sein Leben. Mit einem großzügig ausgestatteten Proviantkorb, der Brot, Käse, Sardellen und reichlich Wein enthielt, machte er sich auf dem Weg zu seinem Weg und sorgte für eine Geschichte, die die Bewohner von Porquerolles noch lange beschäftigen sollte.
Es war so ein Wetter, an dem man sich nicht erfreuen konnte und Maigret hatte zusätzlich, zu den von oben kommenden Unerfreulichkeiten, die Aufgabe bekommen, einen Kommissar aus London zu betreuen. Der Hospitant sollte mit den Ermittlungsmethoden der französischen Polizei bekannt gemacht werden. Nur hatte ausgerechnet Kommissar Maigret keine Methode. Da war es ein Lichtblick, dass er mit Inspektor Pyke zu einem Fall auf eine Insel im Mittelmeer abgeordnet wird. Hier wurde noch viel deutlicher, wie wenig methodisch der Maigret war. Er ließ sich treiben, haderte mit dem Wetter – welches schön war, aber bei dem er nicht arbeiten mochte. Dafür schätzte er den Insel-Weißwein ...