Zwanzig Minuten lang fragte ich mich, was die Drehbuchautoren geritten hat. Dann kam die Phase der Akzeptanz: Nichts würde die Story wieder zurück auf den Pfad von Simenons ursprünglicher Idee bringen. Also kam ich in die Phase der Neugierde und die Frage, wie die Geschichte wohl ausgehen würde, stand im Vordergrund. Überraschenderweise ist das Ende sehr clever und mehr als annehmbar.
Maigret ist auf der Leinwand präsent – heute sicher nicht mehr so, wie in früheren Tagen, aber manchmal kann man sich schon wundern. An dieser Stelle sollen Ihnen die verschiedenen Maigret-Darsteller näher gebracht werden.
Durchaus faszinierend, dass zwei Hauptzutaten der Roman-Vorlage, die entscheidend für das Flair sind, in dieser Verfilmung von »Mein Freund Maigret« überhaupt keine Rolle spielen: Porquerolles und Mr. Pyke. Wer gerade das Buch gelesen hat, der fällt schier in Ohnmacht, wenn er diese Bearbeitung sieht – wirklich ein Jammer.
Morgens das traute Heim zu verlassen, so als ein ganz normaler Arbeitstag bevorsteht und den Tag nach eigenen Vorstellungen zu verbringen, hat schon etwas. Potenziell ist ein solches Verhalten gefährlich, man könnte dabei beobachtet werde und dann würde dicke Luft zu Hause herrschen. Sich ermorden zu lassen, erspart so gesehen Diskussion – hat jedoch Nebenwirkungen.
Wie der Zufall es will, habe ich am Wochenende erst festgelegt, dass der Vorname von Torrence wohl »Joseph« sein muss. Nicht, dass er mir in den Maigret-Romanen bisher (bewusst) untergekommen wäre, aber in die Agence O-Geschichten wird der Name genannt. Dann kommt Rupert Davies als Maigret und spricht pathetisch über »Hector«.
Ich habe die Rupert-Davies-Maigret-Verfilmungen als Episoden betrachtet – jede für sich unabhängig. Beschäftige ich mich tiefer mit einem Maigret-Roman, dann schaue ich mir die Verfilmungen dazu an – so ich Zugriff habe. Da ich die BBC-Reihe nicht Folge für Folge betrachte, war mir nicht aufgefallen, dass die Folgen zueinander Bezüge haben.
Da irrt ein Mann durch Paris und nimmt sich einfach Sachen aus den Auslagen der Geschäfte, deren Besitzer nach der Polizei rufen. Maigret ist vor Ort und stellt fest, dass der Mann eine Kopfwunde hat, die erklärt werden sollte. Der Kommissar nimmt den Mann, der also nicht nur eine komische Wunde hat (auch wenn sie gut verheilt ist) und sich komisch verhält, mit. Der Fremde kann nicht verraten, wer er ist. Er spricht nicht.
Vor ein paar Tagen las ich ein Interview, welches John Simenon gab. Verfilmungen waren auch ein Thema und Simenons Sohn sagte sinngemäß, dass für ihn originalgetreue Verfilmungen kein Muss wären. Wichtig wäre, dass die Rahmenhandlung und Entwicklung der Hauptfiguren zu erkennen wäre. Selbst unter diesen wahrlich lockeren Kriterien als Maßstab, bleibt die Geschichte mit Rupert Davies hinter der Vorlage weit zurück.
Eine Frau kommt ums Eck und hinter ihr stolpert ein Mann, vollgepackt mit Einkäufen, ins Bild. Das Pärchen muss an Mitarbeitern von Maigret vorbei, die vor sich hin feixen, in was für eine Situation sich ihr Chef gebracht hat. Denn die Frau, deren Einkäufe er trägt, ist nicht mal seine eigene – er versucht herauszufinden, was Félicie weiß. Schwierig, denn Félicie mag Maigret überhaupt nicht und wittert überall eine Falle.
Es stürmt hier arg und Übles ist noch zu erwarten. Ob es Maigret in dieser Geschichte besser hat, weiß ich nicht – er kämpft mit der Hitze der Hundstage, bereitet sich seelisch und moralisch auf seinen Urlaub vor. Madame Maigret ist am Packen und erwartet ihren Mann zu Hause. Der bekommt Besuch von einer Bekannten, die vor vielen Jahre versucht hat, ihn auf die Knochen zu blamieren: Bohnenstange. Sie hat Sorgen.
Ist schon ein Weilchen her, dass ich einen Maigret gesehen habe. Also schnappte ich mir diesmal einen aus der ersten Staffel und das war »Hier irrt Maigret«. Es war keine bewusste Wahl, denn die Benennung der Dateien schlug damals fehl und so ist es immer eine Überraschung, was mich erwartet. Es bleibt auch noch ein wenig Vorfreude, denn irgendwann kommt sicher auch »Mein Freund Maigret«, so hieß die Datei diesmal.
Das Drehbuch hält sich weitgehend an die Originalvorlage, so dass der Teil der Zuschauer, die das Buch schon gelesen hat, nicht mit dem Finger auf den Fernseher zeigen kann und sagen kann, dass das ja gar nichts mit dem Buch zu tun haben würde. Allerdings reibt man sich schon verwundert die Augen, wenn man sich die Interpretation anschaut: Es ist eine Art Gangster-Komödie geworden, in der Maigret mitspielt.