Als Kind habe ich Reisen im Wohnzimmer unternommen. Dazu zählten jetzt nicht die, bei denen der Tisch zu einer Lok umfunktioniert wurde. Es waren die, bei der ich mir einen Meyers-Band schnappte, die Leipziger Edition, und Lemma eroberte. Ständig musste ich die Bände tauschen, um den Spuren zu folgen. Heute ist das einfacher, der Bände-Tausch höchstens mit Sprachwechseln vergleichbar.
In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges – am 30. April 1945 – wurde München befreit. Nennenswerten Widerstand gab es nur noch wenig, weshalb mancherorts der Eindruck entstanden war, das wäre eine Spazierfahrt für die Befreier gewesen. Die Altstadt war stark zerstört, der Rest Münchens etwa zur Hälfte. Drei Monate nach Kriegsende erschien aber schon die erste Illustrierte.
Es gibt da diese Kalenderblätter, die in Zeitungen und Zeitschriften erscheinen; hin und wieder auch im Radio und die Redakteure der Kultur-Magazine schauen auch hin und wieder mal in den Kalender und stellen dann fest: »Huch, XY hat ja demnächst wieder Geburtstag|Todestag« – daraus resultiert dann ein Beitrag und die Leser, Hörer und Seher machen sich dann auf den Weg in die Buchhandlung.
Leider habe ich nur eine vage Vermutung: Ich habe mir die Zeitschrift gekauft, weil ich den Namen Germaine Krull gelesen hatte und beim Durchblättern festgestellt, dass ihre Beiträge zu dieser Zeitschrift im besten Fall mit »vorhanden« beschrieben werden könnten. Ich fand nur eine Fotografie von einer Kreuzung in dem Heft, die ich der Künstlerin zuordnen konnte. Oder ich suchte etwas anderes in der Zeitschrift.
Damit ist nicht dieser Monat gemeint, sondern die Zeitschrift. Das mir vorliegende Exemplar stammt aus dem Juli 1957 und hat als Hauptthema »Der Wahlkampf in Deutschland« – nicht viel unwichtiger, immerhin auf der Titelseite steht der Punkt »Ein Interview mit Georges Simenon«.